21.11.2024
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Dokument-Nr. 17130

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Beschluss25.10.2012BundesgerichtshofVII ZB 74/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NZM 2013, 693Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2013, Seite: 693
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Kassel, Beschluss20.09.2011, 620 M 4082/11
  • Landgericht Kassel, Beschluss13.10.2011, 3 T 561/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss25.10.2012

BGH: Arbeits­lo­sengeld II und Leistungen zur Wohn­bedarfs­sicherung sind pfändbarALG II wie Arbeits­ein­kommen unter Beachtung der Pfändungs­frei­grenze gemäß § 850 c ZPO pfändbar

Erhält ein Schuldner Arbeits­lo­sengeld II und Leistungen zur Wohn­bedarfs­sicherung, sind diese Leistungen wie Arbeits­ein­kommen nach § 54 Abs. 4 SGB I pfändbar. Dabei muss lediglich die Pfändungs­frei­grenze des § 850 c ZPO beachtet werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall bestand Streit darüber, ob das Arbeits­lo­sengeld II sowie die Leistungen zur Wohnbe­da­rfs­si­cherung pfändbar sind. Sowohl das Amtsgericht Kassel als auch das Landgericht Kassel hielten eine Pfändung für zulässig. Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Ansprüche auf Arbeits­lo­sengeld II laufende Geldleistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts darstellen und daher wie Arbeits­ein­kommen nach § 54 Abs. 4 SGB I pfändbar seien. Nunmehr sollte sich der Bundes­ge­richtshof mit der Frage beschäftigen.

Arbeits­lo­sengeld II ist pfändbar

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Sowohl das Arbeits­lo­sengeld II (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II) als auch die Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts (§§ 19 Abs. 1 Satz 3, 20, 22 SGB II) betreffen laufende Geldleistungen und seien daher wie Arbeits­ein­kommen nach § 54 Abs. 4 SGB I pfändbar.

Kein Ausschluss der Pfändbarkeit durch Vergleich­barkeit mit Wohngeld

Soweit die Auffassung vertreten wird, dass Leistungen zur Wohnbe­da­rfs­si­cherung (§ 22 SGB II) mit dem Wohngeld vergleichbar seien und daher durch eine entsprechende Anwendung des § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I der Pfändung entzogen werden müssen, folgte der Bundes­ge­richtshof dem nicht. Denn der Empfänger einer Wohnbe­da­rfs­si­cherung erhalte kein Wohngeld. Eine entsprechende Anwendung komme daher nicht in Betracht. Zudem liege keine Regelungslücke vor, die durch eine entsprechende Anwendung ausgefüllt werden müsste. Denn der Gesetzgeber habe die pfändungs­rechtlich unter­schiedliche Behandlung von Wohngeld und Leistung zur Sicherung des Lebens­un­terhalts gesehen und bewusst hingenommen.

Unter­schiedliche Zweckbestimmung von Wohngeld und Wohnbe­da­rfs­si­cherung

Zudem gab der Bundes­ge­richtshof zu bedenken, dass sich die Zweckbestimmung der Gewährung von Arbeits­lo­sengeld II und damit der Wohnbe­da­rfs­si­cherung von der Wohngeldzahlung unterscheidet. Während das Arbeits­lo­sengeld II ein fehlendes Arbeits­ein­kommen ersetzen soll und zur freien Verfügung des Leistungs­emp­fängers steht, sei dies beim Wohngeld nicht der Fall. Dort bestehe eine Zweckbindung.

Ausreichender Schutz des Leistungs­emp­fängers durch Pfändungs­vor­schriften

Darüber hinaus sei nach Ansicht des Bundes­ge­richtshof der Empfänger von Arbeits­lo­sengeld II durch die Pfändungs­vor­schriften der §§ 805 c ff ZPO hinreichend geschützt. Denn die Beträge des Arbeits­lo­sengelds II liegen regelmäßig unterhalb der Pfändungs­frei­grenzen und seien daher grundsätzlich nach § 850 c ZPO unpfändbar. Übersteigen die Leistungen die Grenzen, seien sie demgegenüber voll pfändbar. Eine Ausdehnung des Pfändungs­schutzes durch eine entsprechende Anwendung des § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I sei nicht notwendig. Denn ebenso wie diese Vorschrift sichere auch der § 850 c ZPO in angemessener Weise den verfas­sungs­recht­lichen Anspruch auf Sicherung eines Existenz­mi­nimums.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

der Leitsatz

§ 850c ZPO; § 54 Abs. 4 SGB I; § 19 Abs. 1, Abs. 3, § 22 SGB II

Ansprüche auf laufende Geldleistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts nach dem Zweiten Buch Sozial­ge­setzbuch (Arbeits­lo­sengeld II) sind gemäß § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeits­ein­kommen nach Maßgabe der Vorschriften in §§ 850 c ff. ZPO pfändbar (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - V II ZB 111/09, NJW -RR 2011, 706).

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