21.11.2024
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Dokument-Nr. 15466

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Urteil19.03.2013BundesgerichtshofVI ZR 93/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2013, 462Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2013, Seite: 462
  • GRUR 2013, 965Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2013, Seite: 965
  • K&R 2013, 480Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2013, Seite: 480
  • VersR 2013, 722Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2013, Seite: 722
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil19.03.2013

BGH weist Kachelmann-Klage gegen Springer (bild.de) ab: Intime Details aus Prozess dürfen berichtet werdenBGH zur Zulässigkeit einer Berich­t­er­stattung über ein laufendes Strafverfahren

Medien dürfen uneingeschränkt auch über intime Details berichten, die in einem öffentlich verhandelten Strafprozess zur Sprache kommen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor, dem ein Streit zwischen dem ehemaligen ARD-Wettermoderator Jörg Kachelmann und bild.de zugrunde lag. Bild.de hatte über Kachelmanns damaligen Vergewaltigungs­prozess berichtet.

Der Kläger war bis zu seiner Verhaftung im März 2010 wegen des Verdachts der Vergewaltigung einer damaligen Freundin als Fernseh­mo­derator und Journalist tätig. Er wendet sich mit seinem Unter­las­sungs­be­gehren gegen eine ihn betreffende Online-Berich­t­er­stattung auf dem von der Beklagten betriebenen Internetportal "www.bild.de" während eines gegen ihn geführten Strafverfahrens.

Intensive Medien­be­rich­t­er­stattung

Kurz nach seiner Verhaftung begann eine intensive Medien­be­rich­t­er­stattung über das gegen ihn wegen schwerer Vergewaltigung und gefährlicher Körper­ver­letzung eingeleitete Strafverfahren sowie über sein bis zu diesem Zeitpunkt der breiten Öffentlichkeit unbekanntes Privatleben, insbesondere seine Beziehungen zu Frauen. Durch inzwischen rechtskräftiges Urteil wurde er von den Tatvorwürfen freigesprochen.

Kläger verlangt Unterlassung von noch vor der Eröffnung des Hauptverfahrens erfolgter Äußerungen

In dem vom Bundes­ge­richtshof verhandelten Rechtsstreit hat der Kläger das verklagte Presseorgan auf Unterlassung wegen noch vor der Eröffnung des Hauptverfahrens erfolgter Äußerungen in einem am 13. Juni 2010 auf der von der Beklagten betriebenen Internetseite aufrufbar gestellten Artikel mit der Überschrift "Magazin "Focus" veröffentlicht intime Details - Der K….-Krimi: Neue Indizien aus der Tatnacht" in Anspruch genommen. Anlass des Artikels waren bekannt gewordene Passagen aus der Einlassung des Klägers in seiner ersten richterlichen Vernehmung. Das Protokoll dieser Vernehmung wurde später in der öffentlichen Hauptverhandlung im Strafverfahren verlesen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen die beanstandeten Äußerungen, aus denen sich Rückschlüsse auf die sexuellen Neigungen des Klägers ergaben, wie in dem Artikel vom 13. Juni 2010 zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten. Das Oberlan­des­gericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten hat der unter anderem für den Schutz des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs die Unter­las­sungsklage abgewiesen.

Veröffentlichung

Veröffentlichung im Juni 2010 war rechtswidrig ...'> Wegen der aus dem Rechts­s­taats­prinzip (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) folgenden und in Art. 6 Abs. 2 der europäischen Menschen­rechts­kon­vention anerkannten Unschulds­ver­mutung und einer möglichen durch die Medien­be­rich­t­er­stattung bewirkten Stigmatisierung war die Veröffentlichung im Juni 2010 wegen einer Verletzung des Persön­lich­keits­rechts des Klägers rechtswidrig.

... aber ein Unter­las­sungs­an­spruch besteht gleichwohl nicht

Ein Unter­las­sungs­an­spruch des Klägers besteht gleichwohl nicht. Nach Verlesung des Protokolls über seine haftrich­terliche Vernehmung in der öffentlichen Haupt­ver­handlung war eine aktuelle Prozess­be­rich­t­er­stattung unter Einbeziehung der beanstandeten Äußerungen zulässig. Infolgedessen ist die für den Unter­las­sungs­an­spruch erforderliche Wieder­ho­lungs­gefahr entfallen. Der Unter­las­sungs­an­spruch ist auch nicht wieder neu entstanden. Der Kläger hat sich mit seinem Unter­las­sungs­antrag gegen die aktuelle Berich­t­er­stattung im Strafverfahren gewandt. Umstände dafür, dass die Beklagte eine erneute Veröf­fent­lichung in dieser Form vornehmen könnte, sind nicht ersichtlich.

Verfahren zu den Az. VI ZR 106/12, VI ZR 107/12 und VI ZR 108/12

In drei weiteren Verfahren hat der Bundes­ge­richtshof allerdings die Nicht­zu­las­sungs­be­schwerden der Presseorgane gegen Entscheidungen des Oberlan­des­ge­richts Köln zurückgewiesen, in denen den Unter­las­sungs­an­trägen des Klägers stattgegeben worden ist. Dabei ging es um Berichte über ein Ermitt­lungs­ver­fahren gegen den Kläger, das wegen eines angeblichen Vorfalls aus dem Jahre 2001 eingeleitet worden war, nachdem eine frühere Freundin des Klägers drei Tage nach dessen Festnahme im Jahre 2010 die Justizbehörden darüber informiert hatte. In diesen Fällen haben die Gerichte das Vorliegen der Voraussetzungen einer zulässigen Verdachts­be­rich­t­er­stattung verneint, weil schon der für eine Verdachts­be­rich­t­er­stattung erforderliche Mindestbestand an Beweistatsachen nicht gegeben war und zudem die notwendige Stellungnahme des Klägers nicht eingeholt worden war.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm/pt)

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