15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 24612

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Urteil19.07.2016BundesgerichtshofVI ZR 75/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2016, 1141Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2016, Seite: 1141
  • NJW 2016, 3523Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2016, Seite: 3523
  • VersR 2016, 1191Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2016, Seite: 1191
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Koblenz, Urteil12.08.2014, 10 O 48/12
  • Oberlandesgericht Koblenz, Urteil26.01.2015, 5 U 1131/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil19.07.2016

BGH: Schmerzens­geld­anspruch des Patienten bei Operation durch Oberarzt anstatt vereinbarten ChefarztKeine Einwilligung in ärztlichen Heileingriff

Wird mit dem Patienten vereinbart, dass die Operation durch den Chefarzt durchgeführt werden soll, darf der Eingriff nicht durch einen Oberarzt vorgenommen werden. In diesem Fall wäre die Operation nicht durch die Einwilligung des Patienten gedeckt und kann daher ein Schmerzens­geld­anspruch begründen. Es ist zudem unerheblich, ob der Patient mit der Operation durch den besser qualifizierten Oberarzt einverstanden gewesen wäre. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 2011 wurde ein Patient an der linken Hand in einem Krankenhaus operiert. Da der Eingriff nicht wie vereinbart vom Chefarzt, sondern vom stell­ver­tre­tenden Oberarzt vorgenommen wurde, und der Patient nach der Operation über erhebliche gesundheitliche Beein­träch­ti­gungen litt, erhob der Patient Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld gegen den Chefarzt, den stell­ver­tre­tenden Oberarzt sowie dem Krankenhaus.

Landgericht und Oberlan­des­gericht wiesen Schmer­zens­geldklage ab

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlan­des­gericht Koblenz wiesen die Schmer­zens­geldklage ab. Zwar sei der ärztliche Eingriff mangels einer wirksamen Einwilligung widerrechtlich gewesen, so das Oberlan­des­gericht. Dennoch scheide eine Haftung aus, da sich die Beklagten auf den Einwand des rechtmäßigen Alter­na­tiv­ver­haltens haben berufen dürfen. Der Eingriff wäre in seiner konkreten Ausführung nicht anders verlaufen, wenn ihn der Chefarzt vorgenommen hätte. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Revision ein.

Bundes­ge­richtshof wies Rechtsstreit an Oberlan­des­gericht zurück

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten des Klägers, hob daher die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts auf und wies den Fall zur Neuverhandlung an das Oberlan­des­gericht zurück.

Rechtswidrige Operation aufgrund fehlender Einwilligung

Ein ärztlicher Heileingriff bedürfe stets der Einwilligung des Patienten, so der Bundes­ge­richtshof. Damit werde die Entschei­dungs­freiheit über seine körperliche Integrität geschützt, über die sich der Arzt nicht selbstherrlich hinwegsetzen dürfe. Erklärt ein Patient in Ausübung seines Selbst­be­stim­mungs­rechts, er wolle nur von einem bestimmten Arzt operiert werden, dürfe ein anderer Arzt den Eingriff nicht vornehmen. Soll der bestimmte Arzt durch einen anderen Arzt ersetzt werden, müsse der Patient darüber aufgeklärt werden. Fehlt die Einwilligung, sei der Eingriff rechtswidrig.

Kein Berufen auf Einwand des rechtmäßigen Alter­na­tiv­ver­haltens

Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs könne sich ein Arzt in einem solchen Fall nicht auf den Einwand des rechtmäßigen Alter­na­tiv­ver­haltens berufen. Andernfalls bliebe der rechtswidrige Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten sanktionslos. Zudem wäre das Vertrauen nicht wirksam geschützt, das Patienten in die ärztliche Zuverlässigkeit und Integrität setzen müssen, um einem Eingriff zuzustimmen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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