22.11.2024
22.11.2024  
Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 24451

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Urteil11.10.2016BundesgerichtshofVI ZR 462/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2017, 29Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2017, Seite: 29
  • NJW-RR 2018, 533Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2018, Seite: 533
  • VersR 2017, 100Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2017, Seite: 100
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Erfurt, Urteil12.12.2013, 10 O 316/12
  • Oberlandesgericht Jena, Urteil23.07.2015, 4 U 18/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil11.10.2016

BGH: Im Rahmen eines ärztlichen Auf­klärungs­gesprächs verwendeter Begriff "Lähmung" umfasst auch Gefahr der dauerhaften LähmungVersteckte Fehlvor­stel­lungen des Patienten gehen nicht zu Lasten des Arztes

Über das Risiko einer Lähmung des Beines oder Fußes im Zusammenhang mit einer Operation muss ein Arzt aufklären. Dabei genügt es grundsätzlich, dass der Begriff der "Lähmung" fällt. Dieser Begriff umfasst auch eine dauerhafte Lähmung und ist nicht auf eine vorübergehende Lähmung beschränkt. Unterliegt der Patient dahingehend einer Fehlvorstellung und ist dies für den Arzt nicht erkennbar, geht dies nicht zu Lasten des Arztes. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2010 unterzog sich ein Patient, der als Sportlehrer und Handballtrainer tätig war, einer Operation an der Hüfte. Infolge der Operation erlitt der Patient eine dauerhafte Lähmung am Fuß. Er kann aufgrund dessen nicht mehr normal stehen und gehen. Der Patient warf dem operierenden Arzt neben mehreren Behand­lungs­fehlern, eine Aufklä­rungs­pflicht­ver­letzung vor. Zwar sei in dem vor der Operation durchgeführten Aufklä­rungs­ge­spräch der Begriff der "Lähmung" gefallen. Jedoch habe er sich nicht vorgestellt, dass das Risiko einer dauerhaften Lähmung bestehen könne. Auf diese Gefahr sei er nicht hingewiesen worden. Selber nachgefragt habe er nicht, da er aufgeregt gewesen sei und auch nur die Hälfte von dem Aufklä­rungs­ge­spräch mitbekommen habe. Der Patient erhob schließlich gegen den Arzt und das Krankenhaus Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld.

Landgericht wies Klage ab, Oberlan­des­gericht gab ihr statt

Während das Landgericht Erfurt die Klage abwies, gab ihr das Oberlan­des­gericht Thüringen statt und sprach dem Kläger ein Schmerzensgeld von 40.000 EUR zu. Das Oberlan­des­gericht bejahte eine Verletzung der Aufklärungspflicht. Der Kläger hätte auf das Risiko einer dauerhaften Lähmung hingewiesen werden müssen. Gegen diese Entscheidung legten die Beklagten Revision ein.

Bundes­ge­richtshof verneint Anspruch auf Schmerzensgeld

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten der Beklagten. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Zwar hafte ein Arzt grundsätzlich für die nachteiligen Folgen einer Operation, wenn der ärztliche Eingriff nicht durch eine wirksame Einwilligung des Patienten gedeckt und damit rechtswidrig sei. Eine wirksame Einwilligung setze eine ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten voraus. Der Patient müsse in verständlicher Weise über das einem Eingriff spezifisch anhaftende Risiko einer Lähmung aufgeklärt werden. Dies sei im vorliegenden Fall aber geschehen.

Begriff der "Lähmung" umfasst auch dauerhafte Lähmung

Der Kläger sei über das Risiko einer Lähmung aufgeklärt worden, so der Bundes­ge­richtshof. Eines Hinweises über das Risiko einer dauerhaften Lähmung habe es nicht bedurft. Es bestehe kein Grund zur Annahme, der Begriff der "Lähmung" umfasse in Fällen wie dem vorliegenden nicht die Gefahr einer dauerhaften Lähmung. Er sei daher nicht dahingehend zu verstehen, dass er nur vorübergehende Lähmungs­zu­stände erfasse. Unterliege ein Patient einer solchen Fehlvorstellung, gehe dies grundsätzlich nicht zu Lasten des Arztes. Der aufzuklärende Arzt müsse mit dieser Fehlvorstellung ohne Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte nicht rechnen.

Zurückweisung des Falls an Oberlan­des­gericht

Der Bundes­ge­richtshof wies den Fall an das Oberlan­des­gericht zwecks Prüfung des Vorliegens von Behand­lungs­fehlern zurück.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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