Bundesgerichtshof Beschluss10.04.2018
BGH: Auch Einzelanawalt ohne Personal auf einer Insel muss sich um Vertretung für den Fall einer plötzlichen Erkrankung kümmernSchuldhafte Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung
Auch ein Einzelanwalt ohne Personal, der auf einer Insel mit wenigen weiteren Kollegen tätig ist, muss sich darum kümmern, dass er im Fall einer unerwarteten Erkrankung eine Vertretung hat. Kommt er dem nicht nach, ist ihm die Versäumung einer Berufungsbegründungsfrist anzulasten. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall klagte ein Rechtsanwalt auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 10.000 Euro wegen einer behaupteten Persönlichkeitsverletzung im Zusammenhang mit einem Zeitungsartikel. Der Anwalt war als Einzelanwalt ohne Personal tätig und vertrat sich in dem Fall selbst. Er lebte auf einer Nordseeinsel. Nachdem das Landgericht Aurich die Klage abwies, legte der Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht Oldenburg Berufung ein. Er begründete diese jedoch nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist. Als Entschuldigung gab der Rechtsanwalt an, plötzlich und unerwartet an Burnout erkrankt zu sein. Eine Vertretung habe er aufgrund dessen nicht organisieren können. Zwar seien weitere vier Anwälte auf der Insel tätig. Diese seien jedoch früher nicht bereit gewesen zu einer Vertretung. Der Rechtsanwalt beantragte daher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete zugleich die Berufung.
Oberlandesgericht weist Wiedereinsetzungsantrag und Berufung zurück
Das Oberlandesgericht hielt die Ausführungen des Rechtsanwalts für nicht ausreichend und ging daher von einer schuldhaften Fristversäumnis aus. Es wies daher den Wiedereinsetzungsantrag und somit die Berufung zurück. Dagegen richtete sich die Rechtsbeschwerde des Anwalts.
Bundesgerichtshof bejaht ebenfalls schuldhafte Fristversäumnis
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Oberlandesgerichts und wies daher die Rechtsbeschwerde des Rechtsanwalts zurück. Dieser habe schuldhaft die Frist zur Berufungsbegründung versäumt. Ein Rechtsanwalt müsse allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen werde, wenn er unvorhergesehen ausfalle. Insbesondere als Einzelanwalt ohne Personal bestehe eine dringende Veranlassung, Vorkehrungen für den Verhinderungsfall zu treffen. Hätte der Anwalt rechtzeitig im Zustand der Gesundheit die für einen überraschenden Krankheitsfall gebotenen Absprachen getroffen, wäre es noch möglich gewesen, seinen Vertreter einzuweisen. Im Übrigen hätte er diesen nicht nur auf der Insel, sondern auch auf dem Festland suchen müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.08.2018
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)