Bundesgerichtshof Urteil14.03.2025
Notwegerecht umfasst auch Parken auf "gefangenem" WohngrundstückZweck des Überfahrens des fremden Grundstücks für Notwegerecht unerheblich
Steht einem Grundstückseigentümer ein Notwegerecht zu, so umfasst dies grundsätzlich auch die Zufahrt zum "gefangenem" Wohngrundstück zum Zwecke des Parkens. Für das Notwegerecht ist es unerheblich, warum das fremde Grundstück überfahren werden muss. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Seit dem Jahr 2021 stritten sich zwei benachbarte Grundstückseigentümer vor dem Landgericht Kiel über den Umfang eines Notwegerechts. Die Kläger waren die Eigentümer des an einer öffentlichen Straße gelegenen Grundstücks. Die Beklagten waren die Eigentümer des dahinter liegenden in der zweiten Baureihe befindlichen Wohngrundstücks. Dieses hatte keine Anbindung an eine öffentliche Straße. Die Kläger akzeptierten das Notwegerecht nur mit der Einschränkung, dass die Beklagten auf ihrem Grundstück nicht parken dürfen.
Landgericht bejaht uneingeschränktes Notwegerecht, Oberlandesgericht verneint dies
Während das Landgericht Kiel ein uneingeschränktes Notwegerecht für die Beklagten bejahte, hielt das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein die Kläger für nicht verpflichtet, das Befahren ihres Grundstücks mit Fahrzeugen zum Zwecke des Parkens zu dulden. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Beklagten.
Bundesgerichtshof hält Zufahrt zum Zwecke des Parkens vom Notwegrecht umfasst
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Beklagten. Das Notwegerecht des Eigentümers eines verbindungslosen ("gefangenen") Grundstücks umfasse grundsätzlich auch die Zufahrt mit Kraftfahrzeugen zum Zwecke des Parkens auf dem verbindungslosen Wohngrundstück. Gehört das Überqueren des Nachbargrundstücks mit Fahrzeugen zum Inhalt des Notwegerechts, könne es nicht darauf ankommen, zu welchem Zweck der Notwegeberechtigte sein Grundstück anfährt. Das Überqueren des Nachbargrundstücks sei abgeschlossen, sobald der Notwegeberechtigte sein eigenes Grundstück erreicht. Wie der Notwegeberechtigte anschließend sein Grundstück nutzt, stehe ihm gemäß § 903 Satz 1 BGB frei. Dazu gehöre auch die Entscheidung, das Fahrzeug auf dem eigenen Grundstück zu parken.
Verbot des Parkens für Notwegeberechtigten führt zu Rechtsunsicherheiten
Zudem gab der Bundesgerichtshof zu bedenken, dass ein Verbot des Parkens auf dem Grundstück des Notwegeberechtigten zu Rechtsunsicherheiten führen würde. Es lasse sich nicht rechtssicher feststellen, welche Zufahrt vom Notwegerecht umfasst und damit vom Nachbarn zu dulden sei und welche nicht. Denn zum einen lasse sich nicht immer der Zweck einer Zufahrt erkennen. Zum anderen sei unklar, ob und ggfs. ab welchem Umfang der Transport von Gegenständen einer Überfahrt rechtfertigt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.05.2025
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)