21.11.2024
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Sie sehen eine Figur, die einen Mann darstellt, der mit einem Fernglas in der Hecke sitzt.

Dokument-Nr. 32440

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Urteil21.01.2022BundesgerichtshofV ZR 76/20
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BauR 2022, 1185Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht (BauR), Jahrgang: 2022, Seite: 1185
  • MDR 2022, 758Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2022, Seite: 758
  • NJ 2022, 317Zeitschrift: Neue Justiz (NJ), Jahrgang: 2022, Seite: 317
  • WuM 2022, 594Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2022, Seite: 594
  • ZfBR 2022, 441Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht (ZfBR), Jahrgang: 2022, Seite: 441
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Ulm, Urteil11.07.2019, 2 O 387/17
  • Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil13.03.2020, 5 U 351/19
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil21.01.2022

BGH: Bestands­kräftige Baugenehmigung schließt Unter­lassungs­anspruch des Nachbarn wegen Verletzung nachbar­schüt­zender Vorschriften des öffentlichen Rechts ausLegalisierungs­wirkung der Baugenehmigung

Eine bestands­kräftige Baugenehmigung schließt einen Unter­lassungs­anspruch des Nachbarn wegen Verletzung nachbar­schüt­zender Vorschriften des öffentlichen Rechts aus. Insofern kommt der Baugenehmigung eine Legalisierungs­wirkung zu. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2007 erhielt der Betreiber eines landwirt­schaft­lichen Betriebs in Baden-Württemberg eine Baugenehmigung für eine Getrei­de­über­g­a­behalle. Die Eigentümer zweier in unmittelbarer Nachbarschaft zum landwirt­schaft­lichen Betrieb befindliche Grundstücke klagten im Jahr 2017 auf Unterlassung. Die Grundstücke lagen in einem Dorfgebiet bzw. allgemeinen Wohngebiet. Die Grund­s­tücks­ei­gentümer fühlten sich von dem Verkehr zur Halle mit landwirt­schaft­lichen Maschinen, Liefer­fahr­zeugen und Sattel­schleppern gestört.

Landgericht wies Klage ab, Oberlan­des­gericht gab ihr teilweise statt

Während das Landgericht Ulm die Klage abwies, gab ihr das Oberlan­des­gericht Stuttgart teilweise statt. Es sah eine Verletzung des Anspruchs auf Erhaltung des im Bebauungsplan festgesetzten Gebiets­cha­rakters. Die erteilte Baugenehmigung stehe dem nicht entgegen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision des Beklagten.

Bundes­ge­richtshof verneint Unter­las­sungs­an­spruch bei Vorliegen einer bestands­kräftigen Baugenehmigung

Der Bundes­ge­richtshof führte zum Fall aus, dass die Verletzung des öffentlich-rechtlichen Anspruchs auf Wahrung der im Bebauungsplan festgesetzten Gebietsart einen Unterlassungsanspruch des Nachbarn gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB begründen könne. Der Gebietserhaltungsanspruch komme aber nicht in Betracht, wenn und soweit die Grund­s­tücks­nutzung von einer bestands­kräftigen Baugenehmigung gedeckt ist.

Legali­sie­rungs­wirkung der Baugenehmigung

Der Unter­las­sungs­an­spruch sei nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs streng akzessorisch zum öffentlichen Recht. Denn er setze voraus, dass die Grund­s­tücks­nutzung, deren Unterlassung begehrt wird, gegen die öffentliche Norm verstoße, auf deren Schutz sich der Nachbar beruft. Dies sei ausgeschlossen, wenn die Grund­s­tücks­nutzung öffentlich-rechtlich bestandskräftig genehmigt wurde. Insofern entfalte die Baugenehmigung eine Legali­sie­rungs­wirkung. Die Genehmigung treffe eine regelnde Feststellung über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den einschlägigen nachbar­schüt­zenden Vorschriften des öffentlichen Rechts. An diese Feststellung seien die Zivilgerichte gebunden.

Ausnahmen bei nachbar­schüt­zenden Auflagen und vereinfachten Verfahren

Eine Ausnahme bestehe zum einen dann, so der Bundes­ge­richtshofs, wenn die Baugenehmigung Auflagen mit nachbar­schüt­zendem Charakter enthalte oder zum anderen dann, wenn die Einhaltung der nachbar­schüt­zenden Vorschriften von der Behörde nicht geprüft wurde, wie zum Beispiel bei Erteilung der Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren. In beiden Fällen komme ein Unter­las­sungs­an­spruch des Nachbarn in Betracht.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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