15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 17071

Drucken
Urteil25.10.2013BundesgerichtshofV ZR 230/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DNotZ 2014, 120Deutsche Notar-Zeitschrift (DNotZ), Jahrgang: 2014, Seite: 120
  • GE 2014, 61Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2014, Seite: 61
  • jM 2014, 358 (Michael Martinek)juris - Die Monatszeitschrift (jM), Jahrgang: 2014, Seite: 358, Entscheidungsbesprechung von Michael Martinek
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Landgericht Aachen, Urteil19.12.2011, 11 O 279/11
  • Oberlandesgericht Köln, Urteil11.08.2013, 3 U 7/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil25.10.2013

Verschuldens­unabhängiger nachbar­recht­licher Ausgleichs­an­spruch auch im Verhältnis von Wohnungs­ei­gen­tümern möglichBGH bejaht verschuldens­unabhängigen Ausgleichs­an­spruch auch bei Sondereigentum

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Wohnungs­ei­gentümer eine Entschädigung für Vermö­gens­nachteile verlangen kann, die er durch eine von einer benachbarten Wohnung ausgehenden rechtswidrigen Einwirkung auf seine Wohnung erlitten hat, wenn ein Verschulden des Nachbarn nicht festzustellen ist, und ob dies auch im Verhältnis von Mietern gilt, die die Räume von Wohnungs­ei­gen­tümern angemietet haben.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte betrieb im dritten Obergeschoss eines Gebäudes ein ambulantes Opera­ti­o­ns­zentrum. In dem darunter liegenden Stockwerk befand sich die Arztpraxis von Dr. W. (im Folgenden Versi­che­rungs­nehmer), dessen Versicherer die Klägerin ist. Das Grundstück ist nach dem Wohnungs­ei­gen­tums­gesetz geteilt. Sowohl der Beklagten als auch dem Versi­che­rungs­nehmer waren die von ihnen genutzten Räume, die im (Sonder-)Eigentum unter­schied­licher Wohnungs­ei­gentümer stehen, jeweils mietweise überlassen worden. In der Nacht vom 7. auf den 8. Juni 2007 löste sich im Steri­li­sa­ti­o­nsraum der Beklagten eine Schlauch­ver­bindung, wodurch es zu einem Wasseraustritt und zu Schäden auch in den Praxisräumen des Versi­che­rungs­nehmers kam. Den Schaden glich die klagende Versicherung in Höhe von 165.889,76 Euro aus. Diesen Betrag verlangt sie nunmehr von der Beklagten aus übergegangenem Recht.

Entscheidung der Vorinstanzen

Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Oberlan­des­gericht zurückgewiesen. Dabei hat es offen gelassen, ob die Beklagte ein Verschulden an dem Schaden­se­r­eignis trifft, weil es darauf nach der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht ankomme.

Beein­träch­tigtem Grund­s­tücks­ei­gentümer bzw. dessen Mieter kann verschul­den­su­n­ab­hängiger Ausgleichs­an­spruch zustehen

Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil bestätigt, soweit es um die analoge Anwendung der genannten Vorschrift geht. Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Eigentümern benachbarter Grundstücke ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dem beein­träch­tigten Grund­s­tücks­ei­gentümer bzw. dessen Mieter ein verschul­den­su­n­ab­hängiger Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen kann. Gleiches gilt im Verhältnis von Sonde­rei­gen­tümern (bzw. hier deren Mietern), weil es sich bei dem Sondereigentum um "echtes Eigentum" handelt, das dem Wohnungs­ei­gentümer alleine zusteht, und mit dem dieser grundsätzlich nach Belieben verfahren und jeden anderen von Einwirkungen hierauf ausschließen kann. Da das Sondereigentum als eine Art Ersatz­grundstück fungiert, sind die Wohnungs­ei­gentümer insoweit wie Eigentümer benachbarter Grundstücke zu behandeln.

BGH weist Sache wegen eines Verfah­rens­fehlers an das Berufungs­gericht zurück

Gleichwohl hat der Bundes­ge­richtshof das Berufungsurteil wegen eines Verfah­rens­fehlers aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen, das ggf. noch über die Höhe der Entschädigung entscheiden muss.

* § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB

Erläuterungen
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beein­träch­tigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechts­ver­ord­nungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwal­tungs­vor­schriften, die nach § 48 des Bundes-Immis­si­ons­schutz­ge­setzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beein­träch­tigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil17071

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI