Bundesgerichtshof Urteil18.11.2016
BGH: Erwerber einer Eigentumswohnung darf bei entzogenem Wohneigentum früherem Wohnungseigentümer Wohnung nicht überlassenWohnungseigentümergemeinschaft kann auf Beendigung der Nutzungsvereinbarung klagen
Wird einem Wohnungseigentümer gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG das Wohneigentum entzogen, so ist der spätere Erwerber des Wohneigentums nicht berechtigt, den früheren Wohnungseigentümer die Nutzung der Wohnung zu überlassen. Andernfalls kann die Wohnungseigentümergemeinschaft gestützt auf § 15 Abs. 3 WEG auf Beendigung der Nutzungsvereinbarung klagen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Ehepaar wurde gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG zur Veräußerung ihrer Eigentumswohnung in Berlin verurteilt. Hintergrund dessen waren Beleidigungen, Bedrohungen und eine Körperverletzung gegenüber einem anderen Wohnungseigentümer. Zudem trat das Ehepaar gegenüber einem Gartenbauunternehmer gewaltsam auf. Im anschließenden Zwangsversteigerungsverfahren erwarb eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts die Eigentumswohnung. Die Gesellschaft ließ die Eheleute weiter in der Wohnung wohnen. Damit waren die übrigen Wohnungseigentümer jedoch nicht einverstanden. Sie genehmigten daher mehrheitlich der Wohnungseigentümergemeinschaft Klage gegen die neue Eigentümerin der Wohnung zu erheben.
Amtsgericht und Landgericht gaben Klage statt
Sowohl das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg als auch das Landgericht Berlin gaben der Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft statt. Die neue Eigentümerin der Wohnung wurde daher zur Beendigung der Nutzungsvereinbarung mit den Eheleuten verurteilt. Dagegen richtete sich ihre Revision.
Bundesgerichtshof bejaht Anspruch auf Beendigung der Nutzungsvereinbarung
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision der beklagten Gesellschaft zurück. Der Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft habe sich aus § 15 Abs. 3 WEG ergeben. Es sei zu beachten, dass gemäß § 14 Nr. 1 WEG jeder Wohnungseigentümer unter anderem dazu verpflichtet sei, von seinem Sondereigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwachse.
Verstoß gegen Pflichten durch Überlassung der Wohnung
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs habe die Beklagte gegen die in § 14 Nr. 1 WEG geregelten Pflichten verstoßen, als sie die Nutzung der Wohnung durch das Ehepaar nicht beendet, sondern ihnen trotz Entzugs des Wohneigentums nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG die Wohnung zur weiteren Nutzung überlassen hat. Durch das Entziehungsurteil habe festgestanden, dass der Verbleib der Eheleute in der Wohnung den übrigen Wohnungseigentümern unzumutbar sei. Durch die Nutzungsüberlassung seien sie aber gezwungen worden, die Hausgemeinschaft mit dem Ehepaar fortzusetzen. Dadurch seien die Wirkungen des Entziehungsurteils unterlaufen worden.
Fehlende Eintragung des Entziehungsurteil im Grundbuch sowie weitere Störungen durch Ehepaar unerheblich
Für unerheblich hielt der Bundesgerichtshof, dass das Entziehungsurteil nicht in das Grundbuch eingetragen war. Es sei dennoch gemäß § 10 Abs. 4 WEG bindend gewesen. Zudem sei es nicht darauf angekommen, ob es zeitlich nach dem Entziehungsurteil zu weiteren Störungen des Hausfriedens durch das Ehepaar gekommen ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.02.2017
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)