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- MDR 2013, 271Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 271
- NJW 2013, 928Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 928
- Landgericht Heidelberg, Urteil16.03.2010, 11 O 91/09 KfH
- Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil22.06.2011, 7 U 77/10
- Schadensersatzrecht
- Erstattung
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- Verschulden bei Vertragsschluss
- c.i.c.
- culpa in contrahendo
- Vertragsschluss
- Vertreter ohne Vollmacht
Bundesgerichtshof Urteil09.11.2012
BGH: Beurkundung des Kaufvertrags durch vollmachtlosen Vertreter - Keine Haftung bei Verweigerung der GenehmigungSchwerwiegende Verletzung von Treuepflichten liegt nicht vor
Tritt bei der Beurkundung eines Kaufvertrags für eine Vertragspartei ein vollmachtloser Vertreter auf und verweigert die Vertragspartei nachfolgend die Genehmigung, so liegt keine schwerwiegende Verletzung von Treuepflichten durch die Vertragspartei vor. Eine Haftung wegen der Beurkundungskosten kommt somit nicht in Betracht. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall beabsichtigte eine Investorin die Errichtung von Truppenunterkünften. Dazu sollte ein Grundstück in einer Größe von etwa 182.000 qm angekauft werden. Bei der Beurkundung des Kaufvertrags wurde die Investorin durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht vertreten. Nachfolgend wurde der Kaufvertrag von der Investorin nicht genehmigt. Daher verlangte der Verkäufer die vollständige Erstattung der von ihm gezahlten Notarkosten in Höhe von etwa 60.600 €. Das Landgericht Heidelberg gab der Klage statt. Die Berufung der Investorin blieb ohne Erfolg. Nach Ansicht des Berufungsgerichts habe sie wegen Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten sämtliche Beurkundungskosten zahlen müssen. Denn sie habe ohne triftigen Grund die Genehmigung verweigert. Gegen das Urteil legte die Investorin Revision ein.
Anspruch auf Erstattung der Beurkundungskosten bestand nicht
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Investorin. Dem Verkäufer habe kein Anspruch auf Erstattung der Beurkundungskosten gemäß § 280 Abs. 1 BGB zugestanden. Denn die Investorin habe nicht schon dadurch ihre vorvertraglichen Schutzpflichten verletzt, weil sie ihre Genehmigung verweigerte.
Erstattungsanspruch grundsätzlich nur bei Ablehnung ohne triftigen Grund
Der Bundesgerichtshof führte weiter aus, dass grundsätzlich jede Partei bis zum Vertragsabschluss das Recht habe, von diesem Abstand zu nehmen. Aufwendungen, die in Erwartung des Vertragsabschlusses getätigt werden, erfolgen daher auf eigene Gefahr (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.1989 - VIII ZR 4/88). Sei jedoch der Vertragsschluss nach den Verhandlungen zwischen den Parteien als sicher anzunehmen und werde der Vertragsschluss später ohne triftigen Grund abgelehnt, könne der Verhandlungspartner die Erstattung der getätigten Aufwendungen wegen der Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten verlangen (BGH, Urt. v. 06.02.1969 - II ZR 86/67).
Bei Grundstückskauf wird schwerwiegende Verletzung verlangt
An der Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten werde bei Grundstückskäufen strengere Anforderungen gestellt, so der Gerichtshof weiter. Bei einem solchen Vertrag genüge das Fehlen eines triftigen Grunds nicht für die Annahme eines Erstattungsanspruchs. Vielmehr werde das Vorliegen einer besonders schwerwiegenden, in der Regel vorsätzlichen Treuepflichtverletzung vorausgesetzt. Denn genüge das Erfordernis eines fehlenden wichtigen Grunds, bedeute dies einen indirekten Zwang zum Abschluss des Vertrags. Dies würde aber der Formvorschrift des § 311 b BGB zuwiderlaufen, wonach eine Bindung ohne Einhaltung der Form verhindert werden soll. Daher hätte das Berufungsgericht feststellen müssen, ob die Investorin über die Verweigerung der Genehmigung hinaus ohne triftigen Grund ihre Treuepflichten besonders schwerwiegend verletzt habe. Daran habe es hier jedoch gefehlt.
Das Berufungsurteil wurde daher aufgehoben und zur Neuentscheidung an das Berufungsurteil zurückverwiesen.
Schwerwiegende Verletzung durch Täuschung über Genehmigung Die Bundesrichter gaben dem Berufungsgericht für ihre Neuentscheidung folgendes zu bedenken: Eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung könne im vorliegenden Fall angenommen werden, wenn die Investorin dem Verkäufer über ihre Bereitschaft die Genehmigung zu erteilen, getäuscht hätte oder wenn sich ein ähnlich schwerwiegender Treuebruch feststellen ließe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.04.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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