21.11.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 18518

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Urteil18.07.2014BundesgerichtshofV ZR 178/13
Vorinstanzen:
  • Landgericht Berlin, Urteil05.10.2011, 10 O 316/11
  • Kammergericht Berlin, Urteil22.10.2012, 12 U 134/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil18.07.2014

Keine Beschränkung des Anspruchs eines Bankkunden auf Rückgewähr einer Sicherungs­grund­schuld in Allgemeinen Geschäfts­bedingungenBGH zur Unwirksamkeit von AGB-Klauseln einer Bank, die den Anspruch des Kunden auf Rückgewähr einer Sicherungs­grund­schuld auf deren Löschung beschränkt

Der Bundes­ge­richtshof hat heute entschieden, dass eine in Allgemeinen Geschäfts­bedingungen einer Bank verwendete Klausel, die den Anspruch des Bankkunden auf Rückgewähr einer Sicherungs­grund­schuld auf deren Löschung beschränkt, jedenfalls dann unwirksam ist, wenn sie sich auch auf Fallkon­stel­la­tionen erstreckt, in denen der Inhaber des Rückge­währan­spruchs im Zeitpunkt der Rückgewähr nicht mehr Grund­stücks­eigentümer ist.

Der Beklagte des zugrunde liegenden Falls war im Jahr 1997 Gesellschafter einer GmbH und einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Zweck der GbR war die Errichtung einer Arbeitshalle, die an die GmbH vermietet werden sollte. Eigentümer des zu bebauenden Grundstücks waren der Beklagte und sein Mitge­sell­schafter. 1997 nahm der Beklagte bei der klagenden Bank ein Darlehen auf, das er der GbR zur Verfügung stellte. Zu dessen Sicherung bestellte er gemeinsam mit seinem Mitge­sell­schafter eine Buchgrundschuld über 645.000 DM an dem Grundstück, die letztlich noch drei weitere Darlehen sicherte. In der Siche­rungs­abrede aus dem Jahr 2002 heißt es in einer von der Bank vorformulierten Klausel:

5. Erledigung des Siche­rungs­zwecks

"Soweit dem Sicherungsgeber nach Erledigung des vereinbarten Siche­rungs­zwecks ein Rückge­währan­spruch auf die oben bezeichnete Grundschuld zusteht, ist dieser auf den Anspruch auf Löschung der Grundschuld beschränkt, es sei denn, dass im Zeitpunkt der Rückgewähr das Eigentum an dem belasteten Grundstück durch Zuschlag in der Zwangs­ver­stei­gerung gewechselt hat."

Bank verlangt Rückzahlung des verbleibenden Darle­hens­betrags

Im Dezember 2005 schied der Beklagte aus der GbR aus. Seit dem Jahr 2008 ist sein früherer Mitge­sell­schafter Allein­ei­gentümer des Grundstücks. Im Juli 2008 kündigte die Bank das Darlehen und trat die Grundschuld ohne Beteiligung des Beklagten im Zuge einer Umschuldung der weiteren gesicherten Darlehen an eine andere Bank ab. Mit der Klage verlangt sie Rückzahlung des verbleibenden Darle­hens­betrags von 48.517,50 Euro. Der Beklagte meint, er müsse nur gegen Rückgewähr der Grundschuld zahlen. Er hafte im Innenverhältnis zu seinem früheren Mitge­sell­schafter nicht (mehr) und müsse das Grundpfandrecht als Sicherung für seine Regress­for­de­rungen erhalten.

Verfahrensgang

Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben, ohne ein solches Zurück­be­hal­tungsrecht zu berücksichtigen; die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision des Beklagten wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hinsichtlich des Zurück­be­hal­tungs­rechts zugelassen. Nunmehr hat der Bundes­ge­richtshof den Beschluss des Kammergerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Klausel zur Rückgewähr durch Löschung der Grundschuld widerspricht gesetzlichem Leitbild

Zur Begründung führte der Bundes­ge­richtshof aus, dass ein Zurück­be­hal­tungsrecht des Beklagten nach den bisherigen Feststellungen nicht verneint werden könne. Insbesondere stehe die in der Siche­rungs­abrede enthaltene vorformulierte Bestimmung nicht entgegen, wonach die Rückgewähr durch Löschung der Grundschuld erfolgt. Eine solche Klausel ist unwirksam. Sie widerspricht dem gesetzlichen Leitbild und hält der richterlichen Inhalts­kon­trolle gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB* jedenfalls dann nicht stand, wenn sie sich auch auf Fallkon­stel­la­tionen erstreckt, in denen der Inhaber des Rückge­währan­spruchs - wie hier - im Zeitpunkt der Rückgewähr nicht mehr Grund­s­tücks­ei­gentümer ist. Nach dem Gesetz entscheide der Kunde, ob eine Grundschuld nach Tilgung der gesicherten Forderung gelöscht oder erneut verwendet werden soll. Er könne nämlich wählen, ob das Grundpfandrecht durch Löschung, durch Verzicht oder durch Übertragung an ihn oder einen Dritten zurückgewährt werden soll. Wenn der Kunde trotz eines Eigen­tums­wechsels Inhaber des Rückge­währan­spruchs bleibt, weil er gegenüber der Bank weiter für die gesicherten Forderungen haftet, komme die Löschung nur dem neuen Grund­s­tücks­ei­gentümer zugute (hier also dem früheren Mitge­sell­schafter des Beklagten). Jedenfalls in derartigen Fällen werde der Rückge­währan­spruch infolge der Klausel faktisch ausgeschlossen und der Kunde gravierend benachteiligt; das Interesse der Bank, die Vertrags­ab­wicklung zu vereinfachen, könne dies nicht rechtfertigen, so das Gericht.

Das Kammergericht wird nun weitere Feststellungen treffen und gegebenenfalls klären müssen, ob sich die Bank die Grundschuld wieder beschaffen kann oder sich durch deren Übertragung an eine andere Bank schaden­s­er­satz­pflichtig gemacht hat.

*§ 307 Inhalts­kon­trolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen [...]

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2.wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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