18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil26.06.2020

Anspruch auf Tritt­scha­ll­schutz nach Austausch des Teppichbodens durch FliesenSchall­schutz­tech­nische Mindest­anforderungen müssen eingehalten werden

Der Bundes­ge­richtshof hat heute entschieden, dass ein Wohnungs­ei­gentümer von einem anderen Wohnungs­ei­gentümer, der in seiner Wohnung den Bodenbelag ausgetauscht hat (Fliesen statt Teppichboden), die Einhaltung der schall-schutz­tech­nischen Mindest­anforderungen nach der DIN 4109 auch dann verlangen kann, wenn die Tritt­scha­ll­dämmung des Gemeinschaft­seigentums mangelhaft ist und ohne diesen Mangel der Trittschall den schallschutz­technischen Mindest­anforderungen entspräche.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft. Die Wohnung des Klägers befindet sich im zweiten Obergeschoss des 1962 errichteten Hauses, die Wohnung des Beklagten in dem darüber liegenden Dachgeschoss. Dieses war 1995 zu Wohnraum ausgebaut und mit Teppichboden ausgestattet worden. 2008 ließ der Beklagte den Teppichboden durch Fliesen ersetzen. Der Kläger macht geltend, seitdem komme es in seiner Wohnung zu unzumutbaren Lärmbe­läs­ti­gungen durch Trittschall. Ein im Jahr 2013 von der Verwalterin der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft in Auftrag gegebenes Gutachten ergab, dass die Tritt­scha­ll­dämmung der Wohnungs­trenndecke mit dem Fliesenbelag nicht den schall­schutz­tech­nischen Minde­st­an­for­de­rungen entspricht.

Streit um Tritt­scha­ll­schutz nach Austausch des Teppichbodens durch Fliesen

Mit der Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten, wieder Teppichboden oder einen in der Tritt­scha­ll­dämmung gleichwertigen Bodenbelag mit einem Tritt­scha­ll­ver­bes­se­rungsmaß von mindestens 15 dB zu verlegen, hilfsweise durch geeignete Maßnahmen einen Normtritt­scha­llpegel des Fußbodens von = 53 dB herzustellen. Das Amtsgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Das Landgericht hat das Urteil geändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung dem Hilfsantrag stattgegeben.

Nachbarn dürfen nach einer Renovierung nicht mit unzumutbarem Trittschall belastet werden

Der Bundes­ge­richtshofs hat die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten zurückgewiesen. Rechtlicher Maßstab für die zwischen den Wohnungs­ei­gen­tümern hinsichtlich des Schallschutzes bestehenden Pflichten ist § 14 Nr. 1 WEG. Danach ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen, wozu auch der Oberbodenbelag gehört, nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungs­ei­gentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Ein solcher Nachteil ist dem Kläger infolge des Austauschs des Bodenbelags in der Wohnung des Beklagten entstanden.

Schall­schutz­niveau muss bei Eingriffen erhalten bleiben

Der im Verhältnis der Wohnungs­ei­gentümer untereinander zu gewährende Schallschutz richtet sich nach der DIN 4109, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen wird. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Tritt­scha­ll­dämmung des Gemein­schafts­ei­gentums mangelhaft ist und der Trittschall ohne diesen Mangel den schall­schutz­tech­nischen Minde­st­an­for­de­rungen entspräche. Zwar muss der Schallschutz in erster Linie durch die im Gemein­schafts­ei­gentum stehenden Bauteile gewährleistet werden, insbesondere durch die Art und den Aufbau der Geschossdecke und des Estrichs. Daraus folgt aber nur, dass das mittels der im Gemein­schafts­ei­gentum stehenden Bauteile bislang erreichte Schall­schutz­niveau bei Eingriffen in das Gemein­schafts­ei­gentum im Prinzip erhalten bleiben muss und jedenfalls nicht signifikant verschlechtert werden darf. Das ändert nichts daran, dass der Wohnungs­ei­gentümer nach § 14 Nr. 1 WEG gehalten ist, insbesondere bei der Änderung des Bodenbelags darauf zu achten, dass die durch die DIN 4109 vorgegebenen schall­schutz­tech­nischen Minde­st­an­for­de­rungen eingehalten werden.

Schall­schutz­niveau muss bei Eingriffen erhalten bleiben

Anders kann es sein, wenn bei einer mangelhaften Tritt­scha­ll­dämmung des Gemein­schafts­ei­gentums der Wohnungs­ei­gentümer keine zumutbare Abhil­femög­lichkeit hat. Solange er aber mit zumutbaren Maßnahmen an seinem Sondereigentum die Minde­st­an­for­de­rungen an den Trittschallschutz einhalten kann, wie etwa durch die Verlegung eines schall­dämp­fenden Teppichbodens oder die Anbringung eines zusätzlichen Bodenbelags, kann der andere Wohnungs­ei­gentümer gemäß § 1004 BGB und § 15 Abs. 3 WEG i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG von ihm die Beseitigung der Beein­träch­ti­gungen seines Wohneigentums verlangen.

Einhaltung der Minde­st­an­for­de­rungen an den Trittschall zumutbar

So ist es hier. Der Tritt­scha­llpegel überschreitet die maßgeblichen Grenzwerte der DIN 4109 in der Ausgabe von 1989 von 53 dB um 14 dB. Mit dem Fliesenbelag beträgt der Tritt­scha­llpegel 66 bis 67 dB. Dem Beklagten ist die Einhaltung der Minde­st­an­for­de­rungen an den Trittschall auch zumutbar. Er kann dies nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts durch vergleichsweise einfache Maßnahmen erreichen, nämlich durch die Verlegung eines Teppichbodens oder die Anbringung eines zusätzlichen Bodenbelags auf die bestehenden Fliesen. Welche Maßnahme er ergreift, bleibt ihm überlassen. Demgegenüber ist die Ertüchtigung des Gemein­schafts­ei­gentums aufwändiger und mit weitaus höheren Kosten verbunden.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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