15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen ausschnittsweise zwei FrauenKI generated picture
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil24.03.2006

Immobi­li­en­mangel: Auch kleiner Mangel stellt Rücktrittsgrund darEuropa­rechts­konforme Auslegung im Sinne der Verbrauchs­gü­ter­kauf­richtlinie

Auch ein vergleichsweise geringer Mangel an der gekauften Immobilie kann den Käufer zur Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrags berechtigen, wenn der Verkäufer diesen Schaden bewusst verschwiegen hat. Das hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im Fall hatten die Kläger für 84.363,16 EUR eine Eigen­tums­wohnung unter Ausschluss der "Gewährleistung" für Sachmängel gekauft. Sie wandten weitere 8.778,91 EUR für Maklerprovision, Grund­e­r­wer­bs­steuer, Grundbuchamt- und Notarkosten auf. Es stellte sich nach Übergabe der Wohnung heraus, dass sie einen Feuch­tig­keits­schaden hatte, dessen Beseitigung rund 2.500,- EUR kosten sollte. Nachdem der (beklagte) Verkäufer die Nachbesserung versagte, erklärten die (klagenden) Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Verkäufer habe den Mangel gekannt und der Haftungs­aus­schluss sei daher unwirksam gewesen.

Dieser Auffassung folgte nun der Bundes­ge­richtshof. Nachdem die Vorinstanz (OLG Oldenburg) noch ausführte, dass der Feuch­tig­keits­schaden ein unerheblicher Mangel im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sei, und bei einzel­fa­ll­be­zogener Inter­es­se­n­ab­wägung das Interesse des Verkäufers am Fortbestand des Vertrages überwiege. Der vergleichsweise geringe Aufwand für die Mängel­be­sei­tigung (2.500,- EUR) überwiege nicht die Nachteile, die durch eine Rückabwicklung entstehen würden (Vertragskosten, evtl. vorzeitige Darle­hens­a­b­lösung mit einhergehenden Vorfäl­lig­keits­zinsen), so das OLG Oldenburg.

Der Bundes­ge­richtshof verwarf die Ausführungen des OLG Oldenburg. Der Mangel sei sehr wohl erheblich gewesen. Denn es komme nicht auf die Relation der Mangel­be­sei­ti­gungs­kosten zum Kaufpreis an, sondern auch darauf, ob die Kosten absolut gesehen geringfügig seien. Selbst wenn man von einem geringfügigen Mangel ausginge, könne der Käufer zumindest grundsätzlich die Rückabwicklung des Vertrags verlangen, wenn der Verkäufer - wie hier - einen Mangel arglistig verschwiegen habe.

Mit dieser Entscheidung hat der Bundes­ge­richtshof, die bisher umstrittene Frage, ob der in § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB geregelte Ausschluss der Rückabwicklung eines Vertrags auch dem arglistigen Verkäufer zugute kommen solle, entschieden. Die Karlsruher Richter entschieden diese Frage europa­rechts­konform gemäß der Verbrauchs­gü­ter­richtlinie dahingehend, dass eine unerhebliche Pflicht­ver­letzung im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB zumindest in der Regel zu verneinen sei, wenn dem Verkäufer arglistiges Verhalten zur Last falle.

Vorinstanzen: OLG Oldenburg; LG Oldenburg

Quelle: ra-online

der Leitsatz

BGB §§ 281 Abs. 1 Satz 3; 323 Abs. 1 u. 5 Satz 2, 346, 437 Nr. 2 u. 3

Eine den Rücktritt und die Geltendmachung von Schadensersatz statt der ganzen Leistung ausschließende unerhebliche Pflicht­ver­letzung ist beim Kaufvertrag in der Regel zu verneinen, wenn der Verkäufer über das Vorhandensein eines Mangels arglistig getäuscht hat.

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil2436

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI