21.11.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 18555

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Beschluss25.07.2014BundesgerichtshofV ZB 137/14
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Köln, Beschluss08.05.2014, 507a XIV (B) 39/14
  • Landgericht Köln, Beschluss27.06.2014, 39 T 119/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss25.07.2014

Vollzug der Abschie­bungshaft in Justiz­vollzugs­anstalten unzulässigUnterbringung von Ausländern zur Ab- oder Zurückschiebung darf gemäß EuGH-Urteil nur in speziellen Haftein­rich­tungen erfolgen

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Inhaftierung eines ohne Ausweis- oder Aufent­halts­papiere nach Deutschland eingereisten Türken wegen Verletzung des Trennungsgebots auszusetzen ist. Gemäß eines Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union darf die Unterbringung zur Ab- oder Zurückschiebung von Ausländern nur in speziellen Haftein­rich­tungen und nicht - wie im vorliegenden Fall - in einer gewöhnlichen Haftanstalt vollzogen werden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Betroffene ist türkischer Staatsbürger und reiste ohne Ausweis- oder Aufent­halts­papiere mit Hilfe eines Schleppers nach Deutschland ein. Einen Monat später wurde er festgenommen. Mit Verfügung vom gleichen Tag drohte ihm die beteiligte Behörde die Abschiebung an.

Aussetzung der Haft wegen Verletzung des Trennungs­verbots beantragt

Auf ihren Antrag hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen drei Monate Haft angeordnet, die noch andauert. Die Haft wird in der Justizvollzugsanstalt Büren des Landes Nordrhein-Westfalen vollzogen. Auf die gegen die Haftanordnung gerichtete Beschwerde hat das Landgericht die Fortdauer der Haft bestätigt. Der Betroffene beantragt, die Haft wegen Verletzung des Trennungsgebots auszusetzen.

Ab- und Zurück­schie­bungshaft darf gemäß Urteil des EuGH nur in speziellen Haftein­rich­tungen vollzogen werden

Diesem Antrag hat der Bundes­ge­richtshof stattgegeben. In Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der so genannten Rückfüh­rungs­richtlinie (2008/115/EG) ist festgelegt, dass Haft zur Sicherung einer Ab- oder Zurückschiebung von Ausländern nur in speziellen Haftein­rich­tungen vollzogen werden darf. Für den Fall, dass in einem Mitgliedstaat solche speziellen Haftein­rich­tungen nicht vorhanden sind, lässt Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie den Vollzug der Haft in gewöhnlichen Haftanstalten unter der Voraussetzung zu, dass die Betroffenen gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht werden. Diese Bestimmungen waren nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie bis zum 24. Dezember 2010 umzusetzen. Der Bundes­ge­richtshof hatte dem Gerichtshof der Europäischen Union in einem anderen Verfahren die Frage vorgelegt, wann diese Ausnahme in einem föderalen Staat wie Deutschland eingreift: schon wenn das Bundesland, in dem die Haft vollzogen werden soll, keine solchen speziellen Einrichtungen hat, oder erst, wenn solche Einrichtungen in keinem Bundesland vorhanden sind. Diese Frage hat der Gerichtshof mit seinem Urteil vom 17. Juli 2014 im zweiten Sinne beantwortet. Da es in Deutschland spezielle Haftein­rich­tungen gibt, darf Ab- und Zurück­schie­bungshaft hier nur noch in speziellen Haftein­rich­tungen vollzogen werden, nicht in gewöhnlichen Haftanstalten.

Gesonderte Unterbringung von Betroffenen auf dem Gelände einer gewöhnlichen Haftanstalt erfüllt nicht europarechtlich Anforderungen

Das Land Nordrhein-Westfalen ist der Auffassung, getrennte Gebäudekomplexe innerhalb gewöhnlicher Haftanstalten, in denen nur von der Ab- oder Zurückschiebung Betroffene, nicht aber auch Strafgefangene untergebracht sind, stellten spezielle Haftein­rich­tungen dar. Dem ist der Bundes­ge­richtshof nicht gefolgt. Wenn Betroffene in einem Mitgliedstaat überhaupt in gewöhnlichen Haftanstalten untergebracht werden dürfen, dürfte dies nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG nur "gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen" geschehen. Daraus folgt, dass eine gesonderte Unterbringung von Betroffenen auf dem Gelände einer gewöhnlichen Haftanstalt nicht die europarechtlich geforderte Unterbringung in einer speziellen Hafteinrichtung sein kann. Sie stellt - unabhängig von ihrer Ausgestaltung im Einzelnen - eine Unterbringung in einer gewöhnlichen Haftanstalt, die in Deutschland generell nicht zulässig ist, dar.

Richt­li­ni­en­konforme Unterbringung der Betroffenen muss sichergestellt sein

Von der ihm durch den Senat aufgezeigten Möglichkeit, den Betroffenen in eine spezielle Hafteinrichtung, ggf. in einem anderen Bundesland, das spezielle Haftein­rich­tungen hat, zu verlegen, hatte das Land Nordrhein-Westfalen aus grundsätzlichen Erwägungen keinen Gebrauch gemacht. Es muss nun seine Handhabung ändern. Ab- und Zurück­schie­bungshaft darf bis dahin in Nordrhein-Westfalen und Ländern mit einer gleichen Verwal­tung­s­praxis nur angeordnet werden, wenn die Gerichte festgestellt haben, dass eine richt­li­ni­en­konforme Unterbringung der Betroffenen sichergestellt ist.

Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Dritt­staats­an­ge­höriger (ABl. L Nr. 348 S. 98)

Artikel 16

Haftbedingungen

(1) Die Inhaftierung erfolgt grundsätzlich in speziellen Haftein­rich­tungen. Sind in einem Mitgliedstaat solche speziellen Haftein­rich­tungen nicht vorhanden und muss die Unterbringung in gewöhnlichen Haftanstalten erfolgen, so werden in Haft genommene Dritt­staats­an­ge­hörige gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht.

Artikel 20

Umsetzung

Erläuterungen

(1) Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwal­tungs­vor­schriften in Kraft, um dieser Richtlinie bis spätestens zum 24. Dezember 2010 nachzukommen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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