24.11.2024
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Dokument-Nr. 46

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Bundesgerichtshof Beschluss21.12.2004

BGH zur Verstärkung einer markt­be­herr­schenden Stelllung der Deutschen Post AG

Der Kartellsenat des Bundes­ge­richtshofs hatte in einem Fusions­kon­troll­ver­fahren zu entscheiden, ob der Erwerb von Geschäfts­an­teilen an der trans-o-flex Schnell-Lieferdienst GmbH (im folgenden: trans-o-flex) durch die Deutsche Post AG die Verstärkung einer markt­be­herr­schenden Stellung erwarten läßt.

Die Deutsche Post AG ist auf dem Markt der Zustellung von Geschäfts­paketen an Verbraucher ("Business-to-Consumer") mit einem Marktanteil von fast 65 % markt­be­herr­schend. Trans-o-flex befaßt sich hingegen bislang ausschließlich mit der Lieferung von Sendungen, die von Geschäftskunden für Geschäftskunden bestimmt sind ("Business-to-Business"). Sie befördert sowohl Pakete als auch Stückgut und erbringt vorwiegend Kombi­na­ti­o­ns­fracht­leis­tungen, bei denen eine Mehrheit von Packstücken verschiedener Art, beispielsweise Standardpakete und Stückgut, als einheitliche Sendung entge­gen­ge­nommen, transportiert und ausgeliefert wird.

Gegenstand des Fusions­kon­troll­ver­fahrens ist zum einen ein nachträglich angezeigter Erwerbsvorgang aus dem Jahre 1997, durch den die Deutsche Post AG 24,8 % des Stammkapitals der trans-o-flex erworben hat. Zum anderen geht es um einen angemeldeten geplanten Erwerbsvorgang, mit der die Deutsche Post AG ihre Beteiligung auf 100 % der Geschäfts­anteile aufstocken will.

Das Bundes­kar­tellamt hat beide Erwerbsvorgänge untersagt; die sofortige Beschwerde der Beteiligten zum Oberlan­des­gericht Düsseldorf ist ohne Erfolg geblieben. Die dagegen gerichtete Rechts­be­schwerde hat der Kartellsenat des Bundes­ge­richtshofs zurückgewiesen.

Der Bundes­ge­richtshof billigt die Auffassung des Oberlan­des­ge­richts, daß nicht nur die geplante Aufstockung der Geschäfts­anteile auf 100 %, sondern auch bereits die Minder­heits­be­tei­ligung der Zusam­men­schluß­kon­trolle unterliege. Die Feststellung, ihre durch einen Konsor­ti­a­l­vertrag mit den übrigen Anteilseignern gestärkte gesell­schafts­rechtliche Stellung verschaffe der Deutschen Post AG in Verbindung mit einer überlegenen Markt- und Branchen­kenntnis und einer starken Marktposition die Möglichkeit eines wettbewerblich erheblichen Einflusses auf trans-o-flex, sei nicht zu beanstanden. Der Bundes­ge­richtshof hat dabei insbesondere berücksichtigt, daß der Konsor­ti­a­l­vertrag verschiedene Regelungen enthält, die Kapita­l­e­r­hö­hungen und ein Vordringen der trans-o-flex auf andere Geschäftsfelder gegen den Willen der Deutschen Post AG erschweren.

Nach der Entscheidung des Kartellsenats hat das Oberlan­des­gericht auch zutreffend angenommen, daß beide Zusam­men­schlüsse eine Verstärkung der markt­be­herr­schenden Stellung der Deutschen Post AG auf dem "Business-to-Consumer"-Paketmarkt erwarten ließen. Gestützt auf sachverständige Stellungnahmen hat das Oberlan­des­gericht dies damit begründet, daß dem Beispiel anderer Anbieter wie UPS, DPD und German Parcel folgend eine Ausweitung der geschäftlichen Betätigung der trans-o-flex auf den "Business-to-Consumer"-Paketmarkt zu erwarten sei. Diese Prognose sei so der Bundes­ge­richtshof unabhängig davon nicht zu beanstanden, ob trans-o-flex, wie das Oberlan­des­gericht angenommen hat, derzeit auf dem "Business-to-Business"-Paketmarkt (und auf dem Stückgutmarkt) tätig ist oder ob die von ihr erbrachten Kombi­na­ti­o­ns­fracht­leis­tungen einen eigenen Markt bilden, da trans-o-flex jedenfalls in erheblichem Umfang Pakete befördere und daher das Potential besitze, auch auf den "Business-to-Consumer"-Paketmarkt vorzudringen. Bereits die Minder­heits­be­tei­ligung an trans-o-flex versetze die Deutsche Post AG in die Lage, einer solchen Ausweitung der Geschäft­s­tä­tigkeit der trans-o-flex entge­gen­zu­wirken und damit die eigene markt­be­herr­schende Stellung abzusichern.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des BGH vom 21.12.2004

der Leitsatz

GWB § 36 Abs. 1, § 37 Abs. 1 Nr. 4; GWB a.F. § 23 Abs. 2 Nr. 6, § 24 Abs. 1

a) Die Ausübung eines wettbewerblich erheblichen Einflusses eines Unternehmens auf ein anderes kann dadurch ermöglicht werden, daß ein einen sachlich benachbarten Markt beherrschendes Unternehmen weniger als 25 % des Kapitals oder der Stimmrechte des anderen Unternehmens erwirbt, gleichzeitig jedoch, etwa durch gesell­schafts­ver­tragliche Regelungen, eine Kapitalerhöhung und ein Vordringen des anderen Unternehmens auf weitere Geschäftsfelder gegen den Willen des Erwerbers erschwert werden.

b) Ein Zusammenschluß verstärkt eine markt­be­herr­schende Stellung eines Unternehmens, wenn er dieses gegen zu erwartende künftige Konkurrenz durch einen weiteren Wettbewerber absichert und durch diese Absicherung bereits die gegenwärtige Marktposition des markt­be­herr­schenden Unternehmens beeinflußt.

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