Bundesgerichtshof Urteil24.09.2015
BGH: Trotz auftretender plötzlicher Übelkeit ist Rechtsanwalt telefonische Kontaktaufnahme zum Gericht zumutbarRechtsanwalt versäumt schuldhaft Gerichtstermin
Leidet ein Rechtsanwalt wenige Stunden vor einem Gerichtstermin an einer plötzlich auftretenden erheblichen Übelkeit, ist es ihm dennoch möglich und zumutbar das Gericht telefonisch zu kontaktieren, um eine Vertagung zu erreichen. Kommt er dem nicht nach, liegt eine, dem Mandanten zuzurechnende, schuldhafte Versäumung des Gerichtstermins vor. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall erließ das Oberlandesgericht Düsseldorf im Oktober 2013 in einem Berufungsverfahren gegen die Klägerin ein klageabweisendes Versäumnisurteil. Nachdem die Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt hatte, beraumte das Oberlandesgericht einen Termin an. Da zu diesem Termin trotz ordnungsgemäßer Ladung die Prozessbevollmächtigte der Klägerin wiederum nicht erschien, verwarf das Oberlandesgericht den Einspruch durch ein zweites Versäumnisurteil. Die Klägerin legte dagegen Revision ein. Sie führte an, dass ihre Rechtsanwältin den Gerichtstermin unverschuldet versäumt habe. Sie habe zwei Stunden vor dem Termin unter Übelkeit und Durchfall gelitten. Der Zustand habe sich so sehr verschlechtert, dass sich die Rechtsanwältin eine halbe Stunde vor dem Gerichtstermin in die unterhalb ihrer Kanzlei liegende Arztpraxis begeben habe. Eine Kontaktaufnahme mit dem Gericht sei ihr nicht möglich gewesen.
Schuldhafte Versäumung des Gerichtstermins
Der Bundesgerichtshof entschied gegen die Klägerin. Ihrer Rechtsanwältin sei eine schuldhafte Versäumung des Gerichtstermins vorzuwerfen gewesen. Dieses Verschulden sei der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen gewesen.
Zumutbarkeit einer telefonischen Kontaktaufnahme
Eine schuldhafte Säumnis liege beispielsweise vor, so der Bundesgerichtshof, wenn ein Prozessbevollmächtigter, der kurzfristig und nicht vorhersehbar an der Wahrnehmung eines Termins gehindert ist, nicht das ihm Mögliche und Zumutbare getan habe, um dem Gericht rechtzeitig seine Verhinderung mitzuteilen und hierdurch eine Vertagung zu ermöglichen. So habe der Fall hier gelegen. Der Rechtsanwältin sei es trotz der behaupteten schweren Übelkeit möglich und zumutbar gewesen, sich telefonisch beim Gericht zu melden. Es entspreche anwaltlicher Sorgfalt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um die im konkret vorhersehbaren Fall einer Säumnis im Einspruchstermin drohenden, schwerwiegenden Nachteile von dem Mandanten abzuwenden. Die Rechtsanwältin habe daher die erforderlichen Telefonnummern verfügbar halten müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.02.2017
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)