Dokument-Nr. 18059
Permalink https://urteile.news/
- AnwBl 2013, 935Zeitschrift: Anwaltsblatt (AnwBl), Jahrgang: 2013, Seite: 935
- DB 2013, 2439Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2013, Seite: 2439
- GmbHR 2013, 1265Zeitschrift: GmbH-Rundschau (GmbHR), Jahrgang: 2013, Seite: 1265
- MDR 2013, 1374Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 1374
- NJW 2013, 3374Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 3374
- NJW-Spezial 2014, 31 (Christian Dahns)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2014, Seite: 31, Entscheidungsbesprechung von Christian Dahns
- WM 2013, 2038Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2013, Seite: 2038
- ZIP 2013, 2070Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2013, Seite: 2070
- ZVI 2013, 472Zeitschrift für Verbraucher- und Privatinsolvenzrecht (ZVI), Jahrgang: 2013, Seite: 472
- Amtsgericht Baden-Baden, Beschluss28.08.2012, 11 AR 14/12
- Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss22.10.2012, 6 VA 10/12
Bundesgerichtshof Beschluss19.09.2013
BGH: Bestellung einer Rechtsanwalts-GmbH als Insolvenzverwalter nicht möglichUnzulässigkeit der Bestellung verstößt nicht gegen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG)
Eine Rechtsanwalts-GmbH kann nicht als Insolvenzverwalter bestellt werden. Dieser Umstand verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Denn es besteht ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall wollte eine Rechtsanwalts-GmbH als Insolvenzverwalter tätig sein. Den darauf gerichteten Antrag lehnten sowohl das Amtsgericht Baden-Baden als auch das Oberlandesgericht Karlsruhe ab. Das Oberlandesgericht begründete seine Entscheidung damit, dass nach § 56 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) nur natürliche Personen als Insolvenzverwalter bestellt werden können. Gegen diese Entscheidung legte die GmbH Rechtsbeschwerde ein.
Bestätigung der OLG-Entscheidung durch Bundesgerichthof
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Oberlandesgerichts. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 56 Abs. 1 InsO sei es ausgeschlossen, dass juristische Personen zum Insolvenzverwalter bestellt werden. Die Vorschrift verstoße zudem nicht gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, da gegen die Einbeziehung von juristischen Personen erhebliche Gründe sprechen.
Amt des Insolvenzverwalters ist höchstpersönlicher Natur
Das Amt des Insolvenzverwalters sei höchstpersönlicher Natur, so der Bundesgerichtshof weiter. So dürfe nur der Insolvenzverwalter gegebenenfalls unterstützt von Mitarbeitern, insolvenzspezifische Handlungen vornehmen. Dazu gehöre etwa die Führung von Anfechtungsprozessen, Entscheidungen über Kündigungen von Arbeitnehmern, die Berichtspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht oder der Gläubigerversammlung oder die Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans. Die höchstpersönliche Amtsausübung wäre aber gefährdet, würde man die Bestellung einer GmbH als Insolvenzverwalter zulassen. So könne eine juristische Person nahezu eine unbegrenzte Anzahl von Insolvenzverfahren übernehmen. Eine verantwortliche Insolvenzverwaltung wäre dann aber nicht mehr gewährleistet.
Fehlen eines persönlichen Verantwortlichen
Darüber hinaus würde es nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs an einer bestimmten, persönlichen für die Aufgabenwahrnehmung verantwortlichen Person fehlen. Das Insolvenzgericht erachte gerade eine natürliche Person als vertrauenswürdig und beaufsichtige diese. Diese Person solle sowohl haftungsrechtlich als auch strafrechtlich persönlich verantwortlich sein. Die Zulassung einer juristischen Person würde dagegen zu einer Anonymisierung des Insolvenzverfahrens führen, was die Effektivität der Aufsicht in Frage stellt.
Gefährdung der Amtskontinuität
Da mit der Insolvenztätigkeit beauftragte Gesellschaftsorgane und angestellte Mitarbeiter abberufen bzw. gekündigt werden können, sei nach Ansicht des Bundesgerichtshofs zudem die Kontinuität der Amtsausübung gefährdet. So könne es an einem gleichwertigen Ersatz fehlen, neue Verantwortliche müssen in die Sache eingearbeitet werden und es könne zu unterschiedlichen miteinander nicht oder nur schwer vereinbaren Strategien der Insolvenzverwaltung kommen.
Behinderung des Entscheidungsprozesses
Der Bundesgerichtshof gab außerdem zu bedenken, dass notwendige Entscheidungen zur ordnungsgemäßen Ausübung der Insolvenzverwaltung bei einer GmbH nur schwer bzw. verzögert getroffen werden können. So werde die Geschäftsführung nicht von einzelnen Personen wahrgenommen, sondern von einem Gesamtorgan. Innerhalb dieses Organs müssen Abstimmungen vorgenommen werden. Hinzu komme, dass die Geschäftsführer an den Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden sind. Angestellte wiederum müssen sich an die Vorgaben der Geschäftsführung halten.
Schwierigkeiten bei Prüfung der Unabhängigkeit
Innerhalb eines Insolvenzverfahrens müsse darüber hinaus gewährleistet werden, so der Bundesgerichthof weiter, dass der Insolvenzverwalter unabhängig vom Schuldner und den Gläubigern ist. Werde die Insolvenzverwaltung aber von einer juristischen Person mit einer Vielzahl von Mitarbeitern ausgeübt, können etwaige Verflechtungen zu Verfahrensbeteiligten nur mit erheblichen Schwierigkeiten aufgedeckt werden. Somit wäre eine Prüfung der Unabhängigkeit erschwert.
Unzureichende Haftungssumme
Der Bundesgerichthof führte schließlich aus, dass der Insolvenzverwalter schadenersatzpflichtig sei, wenn er seine Pflichten verletze. Es bestehe aber die Gefahr von ungedeckten Haftpflichtansprüchen, da juristische Personen nur mit ihrem gesetzlichen Mindestkapital ausgestattet seien und eine eventuelle Haftpflichtversicherung nicht ausreiche.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.04.2014
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss18059
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.