15.11.2024
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Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.

Dokument-Nr. 23254

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Urteil22.06.2016BundesgerichtshofIV ZR 431/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2016, 2808Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2016, Seite: 2808
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Aachen, Urteil07.03.2014, 9 O 202/13
  • Oberlandesgericht Köln, Urteil07.10.2014, 20 U 62/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil22.06.2016

BGH: Bei inhaltlicher Abweichung zwischen Versi­che­rungs­schein und Versi­che­rungs­antrag zu Gunsten des Ver­sicherungs­nehmers kommt Ver­sicherungs­vertrag mit Inhalt des Ver­sicherungs­scheins zustandeVoraussetzungen des § 5 Abs. 2 VVG nicht maßgeblich

Weicht der Inhalt des Ver­sicherungs­scheins vom Inhalt des Ver­sicherungs­antrags zu Gunsten des Ver­sicherungs­nehmers ab, so kommt der Ver­sicherungs­vertrag gemäß § 5 Abs. 1 Ver­sicherungs­vertrags­ge­setzes (VVG) mit dem Inhalt des Ver­sicherungs­scheins zustande. Auf die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 VVG und somit eine Belehrung des Ver­sicherungs­nehmers über die Regelung des Absatzes 1 kommt es in diesem Fall nicht an. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im August 2010 begann eine Frau mit der Ausbildung zur Einzel­han­dels­kauffrau. Diese Ausbildung musste sie Ende Januar 2011 aufgrund eines Bandschei­ben­vorfalls aufgeben. Sie nahm dafür eine Ausbildung zur Bürokauffrau auf. Die Frau beanspruchte aufgrund des Bandschei­ben­vorfalls und dessen Folgen ihre Berufs­un­fä­hig­keits­zu­satz­ver­si­cherung. Die Versicherung lehnte jedoch eine Leistung ab. Sie verwies die Versi­che­rungs­nehmerin entsprechend einer Ausbil­dungs­klausel im Versi­che­rungs­vertrag auf die Ausbildung zur Bürokauffrau. Die Versi­che­rungs­nehmerin hielt dies für unzulässig. Zwar sei die Klausel Inhalt des Versi­che­rungs­antrags gewesen. Der Versicherungsschein habe sie aber nicht beinhaltet, so dass die Klausel nicht Bestandteil des Versi­che­rungs­vertrags geworden sei. Die Versi­che­rungs­nehmerin erhob schließlich Klage.

Landgericht und Oberlan­des­gericht wiesen Klage ab

Sowohl das Landgericht Aachen als auch das Oberlan­des­gericht Köln wiesen die Klage der Versi­che­rungs­nehmerin ab. Die beklagte Versicherung habe die Klägerin wirksam auf den Ausbil­dungsberuf der Bürokauffrau verweisen dürfen. Denn die entsprechende Klausel sei Vertrags­be­standteil geworden. Die fehlende Wiederholung der Klausel im Versi­che­rungs­schein sei unerheblich gewesen. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Revision ein.

Bundes­ge­richtshof hält fehlende Wiederholung der Klausel im Versi­che­rungs­schein für maßgeblich

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten der Klägerin und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Die fehlende Wiederholung der Ausbil­dungs­klausel im Versi­che­rungs­schein sei maßgeblich gewesen. Denn nach § 5 Abs. 1 VVG komme der Versi­che­rungs­vertrag mit dem Inhalt des Versi­che­rungs­scheins zustande, sofern dieser vom Inhalt des Versi­che­rungs­antrags abweiche und der Versi­che­rungs­nehmer der Abweichung nicht binnen eines Monats widerspreche (sog. Geneh­mi­gungs­funktion). So habe der Fall hier gelegen.

Belehrung über abweichendes Zustandekommen des Versi­che­rungs­vertrags nicht erforderlich

Handelt es sich um eine für den Versi­che­rungs­nehmer günstige Abweichung, so der Bundes­ge­richtshof, werde die Abweichung auch ohne Belehrung gemäß § 5 Abs. 2 VVG Vertrags­be­standteil. Die Vertreter der gegenteiligen Auffassung verkennen, dass die Regelung eine Schutz­vor­schrift für den Versi­che­rungs­nehmer darstelle. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb eine Versicherung aus der Verletzung dieser Schutz­vor­schrift Rechte sollte herleiten können.

Keine Geneh­mi­gungs­fiktion bei Kenntnis des Versi­che­rungs­nehmers vom abweichenden Willen der Versicherung

Nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs komme die Geneh­mi­gungs­fiktion des § 5 Abs. 1 VVG nicht zur Anwendung, wenn die Versicherung in Wahrheit etwas anderes wolle und der Versi­che­rungs­nehmer dies erkenne. In diesen Fällen sei der wahre Wille der Versicherung maßgeblich.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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