18.10.2024
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Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.

Dokument-Nr. 27301

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Beschluss10.05.2017BundesgerichtshofIV ZR 30/16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2017, 869Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2017, Seite: 869
  • VersR 2017, 937Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2017, Seite: 937
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil03.04.2014, 2-24 O 300/13
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil17.12.2015, 3 U 74/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss10.05.2017

BGH: Beantworten von Gesund­heits­fragen gegenüber Arzt des Versicherers bei Aufnahme eines Ver­sicherungs­antrags sind Antworten gegenüber VersichererArzt ist Stellvertreter des Versicherers

Werden bei Aufnahme eines Ver­sicherungs­antrags im Rahmen der "Erklärung vor dem Arzt" vom Antragsteller Gesund­heits­fragen beantwortet, so sind diese Antworten gegenüber dem Arzt auch Antworten gegenüber dem Versicherer. Der Arzt ist insoweit der Stellvertreter des Versicherers. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einer Operation zur Entfernung einer Gliose im Juli 2010 beanspruchte der Patient seine Berufsunfähigkeitsversicherung. Er gab an, nach der Operation berufsunfähig zu sein. Die Versicherung verweigerte aber den Versi­che­rungs­schutz. Sie fühlte sich vom Versi­che­rungs­nehmer arglistig getäuscht. Hintergrund dessen war, dass der Versi­che­rungs­nehmer bei Aufnahme des Versi­che­rungs­antrags im Jahr 2007 zwar Gesundheitsfragen beantwortet hatte, jedoch verschwiegen hatte, dass er nach einem Ohnmachtsanfall im Jahr 2004 zu mehreren MRT-Untersuchungen gekommen war. Der Versi­che­rungs­nehmer gab dies zwar zu. Er verwies aber darauf, dass er im Rahmen der vom Versicherer veranlassten ärztlichen Untersuchung angegeben hatte, dass er 2004 eine Synkope erlitten und es eine neurologische Abklärung gegeben hatte, die ohne Befund blieb. Der Versi­che­rungs­nehmer klagte schließlich gegen den Versicherer.

Landgericht und Oberlan­des­gericht wiesen Klage ab

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. wiesen die Klage ab. Beide Gerichte warfen dem Kläger eine arglistige Täuschung vor, weil er die MRT-Untersuchungen im Antragsformular verschweigen hatte. Der Kläger wandte sich nach dem Urteil des Oberlan­des­ge­richts an den Bundes­ge­richtshof.

Bundes­ge­richtshof verlangt Einbeziehung der Angaben gegenüber Arzt

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten des Klägers. Er hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies den Fall zurück. Die Frage nach einer arglistigen Täuschung lasse sich nicht allein auf die Beantwortung der Fragen im Antragsformular klären. Vielmehr seien ebenfalls die ergänzenden Angaben in der Erklärung vor dem Arzt einzubeziehen.

Antworten gegenüber Arzt des Versicherers sind Antworten gegenüber Versicherer

Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs sei der vom Versicherer eingeschaltete Arzt dessen Stellvertreter. Bei der Aufnahme der "Erklärung vor dem Arzt" stehe der Arzt einem Versi­che­rung­s­agenten bei Aufnahme des Versi­che­rungs­antrags gleich. Was dem Arzt daher zur Beantwortung der vom Versicherer vorformulierten Frage gesagt wird, werde dem Versicherer gesagt.

Mögliches fehlendes arglistiges Verschweigen

Ausgehend davon fehle es möglicherweise an einem arglistigen Verschweigen, so der Bundes­ge­richtshof. Der Kläger könne nämlich davon ausgegangen sein, schon die Mitteilung über die Synkope und eine nachfolgende neurologische Abklärung, die ohne Befund geblieben sei, gestatte es dem Versicherer in gleicher Weise, eine Risikobewertung vorzunehmen wie nach ausdrücklicher Bezeichnung der durchgeführten MRT-Untersuchungen. Diesem Umstand müsse das Oberlan­des­gericht nachgehen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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