Dokument-Nr. 10887
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- MDR 1982, 387Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1982, Seite: 387
- NJW 1982, 184Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1982, Seite: 184
- VersR 1982, 98Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 1982, Seite: 98
Bundesgerichtshof Urteil15.10.1981
Karneval: Versäumung der Berufungsfrist aufgrund flächendeckend geschlossener Anwaltskanzleien am RosenmontagAußerhalb des Rheinlands lebender Kläger muss nicht damit rechnen am Rosenmontag keinen zugelassenen Berufungsanwalt zu erreichen
Ein nicht in Rheinland-Pfalz ansässiger Kläger, der jedoch in diesem Bundesland in einem Prozess Berufung einlegen möchte, muss grundsätzlich nicht damit rechnen, dass am Nachmittag des Rosenmontags flächendeckend alle beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwaltskanzleien geschlossen sind. Kommt es dadurch zum Fristversäumnis kann dies nicht als Verschulden des Klägers gewertet werden. Dies entschied der Bundesgerichtshof.
Im zugrunde liegenden Streitfall hatte der in Marburg wohnende Kläger in einem Fall erfolglos vor dem Landgericht Koblenz Klage erhoben. Die Berufungsfrist versäumte der Mann allerdings. Seine Rechtsanwältin hatte zwar am letzten Tag der Berufungsfrist - in diesem Fall ein Rosenmontag - gegen 14.30 Uhr den erstinstanzlichen Bevollmächtigten gebeten, Berufung einzulegen. Dessen Bemühungen blieben jedoch erfolglos. In seinen Telefonanrufen bei allen beim Oberlandesgericht Koblenz zugelassenen Rechtsanwälten war niemand erreichbar. Denn weder der Kläger noch die Rechtsanwältin waren sich darüber bewusst, dass am Nachmittag des Rosenmontags alle Koblenzer Anwaltskanzleien geschlossen sind.
Antrag auf Wiedereinsetzung des Verfahrens zunächst erfolglos
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wurde vom Berufungsgericht zunächst durch Zwischenurteil abgelehnt. Die dagegen gerichtete Revision war vor dem Bundesgerichtshof jedoch erfolgreich.
Versäumung der Berufungsfrist nicht durch Kläger verschuldet
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs habe der Kläger die Versäumung der Berufungsfrist nicht verschuldet. Da der Rosenmontag weder in Marburg noch in Koblenz ein gesetzlicher Feiertag sei, habe der Kläger nicht wissen müssen, dass die Rechtsanwaltskanzleien dort an diesem Tag geschlossen seien.
Berufungsfrist hätte sich aufgrund geschlossener Kanzleien am Rosenmontag sogar um mehrere Tage verkürzt
In Zivilprozessen sei es grundsätzlich zulässig Rechtsmittelfristen bis zum Ablauf voll auszuschöpfen. Sofern an einem regulären Werktag alle am Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwaltskanzleien flächendeckend geschlossen seien, würde dies die Fristen in unzumutbarer Weise verkürzen. Eine Prozesspartei müsse sich nicht darauf einstellen, dass am letzten Tag der Rechtsmittelfrist am Nachmittag kein Berufungsanwalt mehr zu erreichen sei. Durch solch eine Situation würde der Kläger in seinem Recht verletzt, die vom Gesetz eingeräumten Fristen bis zur Grenze ausnutzen zu können. Denn im vorliegenden Fall hätte sich der Kläger im Erstfall sogar bereits am Freitag über die Einlegung der Berufung schlüssig werden müssen, was seine Berufungsfrist sogar um mehrere Tage verkürzt hätte.
Erforderliches Maß an Sorgfalt von Ort zu Ort unterschiedlich
Die Richter wiesen jedoch daraufhin, dass das Maß an erforderlicher Sorgfalt von Ort zu Ort unterschiedlich sein könne. Sicherlich habe der Kläger aus Marburg nicht wissen müssen, dass am Nachmittag des Rosenmontags alle Kanzleien in Koblenz geschlossen zu sein pflegen. Doch andernorts könne dieses Wissen vorausgesetzt und als Teil der erforderlichen Sorgfalt gewertet werden.
BGH ordnet Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorherigen Stand an
Der Bundesgerichtshof sah abschließend keine Veranlassung die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist abzulehnen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.02.2011
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/ac)
der Leitsatz
ZPO § 233
Ein außerhalb des Rheinlands ansässiger Berufungskläger braucht bei der Erteilung des Auftrags, Berufung einzulegen, grundsätzlich nicht damit zu rechnen, dass am frühen Nachmittag des Rosenmontags sämtliche Kanzleien der beim Oberlandesgericht Koblenz zugelassenen Rechtsanwälte geschlossen zu sein pflegen.
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