21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 22743

Drucken
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil12.05.2016

Betreiber von Pflegeheimen dürfen Preise nicht einseitig und ohne Zustimmung der Bewohner erhöhenBGH stärkt Rechte von Heimbewohnern

Der Bundes­ge­richtshof hat in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Betreiber von Pflegeheimen und anderen Wohn- und Betreuungs­einrichtungen die Preise nicht durch einseitige Erklärung und ohne Zustimmung der Bewohnerinnen und Bewohner erhöhen dürfen, wenn sich etwa die Betriebskosten ändern. Die Richter gaben damit der Klage des Bundesverbands der Verbraucher­zentralen gegen eine in Heimverträgen übliche Klausel eines Anbieters statt.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte es sich der Betreiber einer Pflege­ein­richtung in seinen Heimverträgen vorbehalten, die Preise für Pflege, Unterbringung, Betreuung, Verpflegung sowie Inves­ti­ti­o­ns­kos­ten­pau­schalen einseitig zu erhöhen, sollte sich während der Vertrags­laufzeit die Berech­nungs­grundlage ändern. Derartige Klauseln finden sich in vielen Einrich­tungs­ver­trägen. Ob sie nach einer Neuordnung des Heimrechts aus dem Jahr 2009 noch zulässig sind, war bislang vor allem unter Gerichten umstritten. Der Bundes­ge­richtshof hat sie nun abschließend für unzulässig erklärt.

Unternehmer steht kein Recht auf einseitige Vertrag­s­än­derung zu

Damit Preiserhöhungen aufgrund geänderter Berech­nungs­grundlage wirksam werden, sei neben anderen Voraussetzungen immer die Zustimmung des Verbrauchers nötig, entschied der Bundes­ge­richtshof. Dies entspreche wesentlichen vertrags­recht­lichen Grundsätzen. Eine davon abweichende Regelung im Heimvertrag verstoße gegen § 9 des Wohn- und Betreu­ungs­ver­trags­ge­setzes (WBVG). Danach habe der Unternehmer kein Recht auf eine einseitige Vertrag­s­än­derung.

Zustimmung des Verbrauchers muss nicht schriftlich vorliegen

Zwar könne die Höhe des Entgelts nicht frei zwischen jedem Bewohner und dem Anbieter vereinbart werden. Dennoch sollten pflege­be­dürftige und behinderte Verbraucher durch das WBVG als gleich­be­rechtigte Verhandlungs- und Vertragspartner gestärkt werden. Die Zustimmung des Verbrauchers muss dem Urteil zufolge nicht schriftlich vorliegen, sondern kann auch durch schlüssiges Verhalten signalisiert werden. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Verbraucher den höheren Betrag ohne Widerspruch über einen längeren Zeitraum zahlen. Bleibt die Zustimmung aus, müssten die Anbieter sie notfalls gerichtlich einklagen. Das würde es dem Bundesverband der Verbrau­cher­zen­tralen zufolge ermöglichen, den gesamten Ablauf und in manchen Fällen auch die Erhöhung selbst zu prüfen.

Vorinstanz hatte Bewohnern Zustim­mungsrecht bei derartigen Preis­an­pas­sungen generell verwehrt

Die Grundsätze gelten nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs unabhängig davon, ob Bewohner Leistungen der Sozia­l­ver­si­cherung erhalten oder selbst zahlen. Die Vorinstanz hatte dies noch anders beurteilt und Verbrauchern in Wohn- und Betreu­ungs­ein­rich­tungen ein Zustim­mungsrecht bei derartigen Preis­an­pas­sungen generell verwehrt.

Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil22743

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI