21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 6672

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Urteil11.09.2008BundesgerichtshofIII ZR 212/07
Vorinstanzen:
  • Landgericht Passau, Urteil19.01.2007, 4 O 926/06
  • Oberlandesgericht München, Urteil12.07.2007, 1 U 2042/07
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil11.09.2008

Bundes­ge­richtshof entscheidet über Schaden­s­er­satz­ansprüche bei Führer­schein­tou­rismusKeine Entschädigung für Aberkennung der Möglichkeit, von ausländischer Fahrerlaubnis gebraucht machen zu können

Der Kläger, ein deutscher Staats­an­ge­höriger, macht gegen den beklagten Freistaat Schaden­s­er­satz­ansprüche geltend, weil ihm für einen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr das Recht aberkannt wurde, von seiner in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

Dem Kläger wurde im Jahr 1995 durch Strafbefehl die Fahrerlaubnis wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr entzogen; sie wurde ihm im Jahr 1996 wieder erteilt. Wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde dem Kläger durch Urteil vom 15. Mai 2001 die Fahrerlaubnis erneut entzogen und eine Sperrfrist von 10 Monaten verhängt. Im Januar 2002 beantragte der Kläger die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Da er der behördlichen Aufforderung nicht nachkommen wollte, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, nahm er seinen Antrag im November 2002 zurück. Im September 2004 erwarb der weiterhin in Deutschland lebende Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse B. Nachdem das Landratsamt hiervon im Mai 2005 Kenntnis erhalten hatte, forderte es den Kläger erneut auf, ein medizinisch-psychologisches Fahreig­nungs­gut­achten vorzulegen. Da der Kläger dies ablehnte, erkannte ihm die Behörde mit Bescheid vom 4. Juli 2005 das Recht ab, von der tschechischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Gebrauch zu machen. Der Kläger nahm gegen den gleichzeitig angeordneten Sofortvollzug Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Juni 2008 erfolglos einstweiligen Rechtsschutz vor den Verwal­tungs­ge­richten in Anspruch. Seine Klage vor dem Verwal­tungs­gericht erledigte sich in der Hauptsache dadurch, dass das Landratsamt am 26. Juni 2006 seinen Bescheid vom 4. Juli 2005 im Hinblick auf den Beschluss des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 6. April 2006 (C-227/05) zurücknahm.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger eine Entschädigung von 40 € täglich (insgesamt 14.840 €) für die Aberkennung der Möglichkeit, von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, sowie Ersatz der ihm im einstweiligen Rechts­schutz­ver­fahren entstandenen Kosten von 871,51 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungs­gericht hat ihr in Höhe von 871,51 € entsprochen.

Der unter anderem für Staats­haf­tungs­ansprüche zuständige III. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat auf die Revision des beklagten Landes die Klage unter Berück­sich­tigung der abgewiesen und die Anschluss­re­vision des Klägers zurückgewiesen. Nach diesen Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften stellt sich die gemein­schafts­rechtliche Rechtslage, soweit es um die zweite Führer­schein­richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 (91/439/EWG) geht, wie folgt dar: Grundsätzlich sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, einen von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ohne jede Formalität anzuerkennen. Sie dürfen dabei auch nicht von sich aus mit dem Ziel, die Anerkennung zu versagen, Ermittlungen anstellen, ob der betreffende Führer­schei­n­inhaber in dem Mitgliedstaat, in dem er die Fahrerlaubnis erworben hat, einen Wohnsitz hatte, wie es nach der Führer­schein­richtlinie Voraussetzung für die Erteilung der Fahrerlaubnis ist. Dies gilt auch dann, wenn dem betreffenden Führer­schei­n­inhaber im Inland zuvor die Fahrerlaubnis entzogen worden war und die neue Fahrerlaubnis nach Ablauf einer etwa verhängten Sperrfrist wiedererteilt worden ist. Demgegenüber ist der Mitgliedstaat zur Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis dann nicht verpflichtet, wenn dieser die Fahrerlaubnis während einer im ersten Staat verhängten Sperrfrist erteilt hat. In den Urteilen vom 26. Juni 2008 hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vor dem Hintergrund, dass die in der Führer­schein­richtlinie vorgesehene Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes erst mit Wirkung ab 1. Juli 2006 in die tschechische Rechtsordnung eingefügt wurde und mit diesem Erfordernis allgemein der "Führer­schein­tou­rismus" bekämpft werden soll, weiter befunden, dass ein Mitgliedstaat zu einer Anerkennung nicht verpflichtet sei, wenn sich auf der Grundlage von Angaben im Führerschein selbst (oder anderen vom Ausstel­ler­mit­gliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen) ergebe, dass die Wohnsitz­vor­aus­setzung im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis nicht erfüllt gewesen sei. Da sich im Fall des Klägers aus seinem tschechischen Führerschein sein deutscher Wohnsitz ergab, waren die Behörden zu einer Anerkennung dieser Fahrerlaubnis nicht verpflichtet, so dass der Kläger keinen Schadensersatz beanspruchen kann.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 169/08 des BGH vom 11.09.2008

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