18.10.2024
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Sie sehen einen Jäger, der in der Dämmerung mit geschultertem Gewehr einen Hügel hinaufgeht.

Dokument-Nr. 1504

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Bundesgerichtshof Urteil15.12.2005

Kein Anspruch des Grund­s­tücks­ei­gen­tümers aus Gewis­sens­gründen gegen den Jagdaus­übungs­be­rech­tigten auf Beseitigung eines Hochsitzes

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass es der Eigentümer eines zu einer Jagdge­nos­sen­schaft gehörenden Grundstücks, das weder land- noch forst­wirt­schaftlich genutzt wird, dem Jagdpächter nicht aus Gewis­sens­gründen un-tersagen kann, auf dem Grundstück einen Hochsitz und eine Fütte­rungs­ein­richtung zu errichten.

In dem zugrunde liegenden Fall hatten die Kläger (Miteigentümer und Nießbrauchs­be­rechtigte eines Grundstücks), die als Veganer aus ethischen Gründen die Jagd auf Tiere gänzlich ablehnen, Beseitigung des ohne ihre Zustimmung erbauten Hochsitzes verlangt; der beklagte Jagdpächter hatte im Wege der Widerklage Duldung seiner jagdlichen Einrichtungen gefordert. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Dem ist der Bundes­ge­richtshof im Anschluss an ein Urteil des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts vom 14. April 2005 3 C 31/04 - (Bundes­ver­wal­tungs­gericht: Zwangs­mit­glied­schaft in Jagdge­nos­sen­schaft ist rechtens) gefolgt. Nach überein­stim­mender Auffassung der beiden obersten Bundesgerichte verstößt die im Bundes­jagd­gesetz bestimmte Mitgliedschaft der Eigentümer von Grundstücken in einer Jagdgenossenschaft nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere weder gegen die Gewis­sens­freiheit (Art. 4 GG), die Verei­ni­gungs­freiheit (Art. 9 GG) oder die Eigen­tums­ga­rantie des Grundgesetzes (Art. 14 GG) noch gegen Vorschriften der Europäischen Menschen­rechts­kon­vention.

Der Jagdgegner wird dadurch nicht gezwungen, gegen sein Gewissen die Jagdausübung aktiv zu fördern, sondern er muss sie lediglich passiv hinnehmen. Das zum französischen Jagdrecht ergangene, teilweise abweichende Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 29. April 1999 in der Sache Cassagnou u.a. gegen Frankreich ist auf das deutsche Recht nicht übertragbar. Infolgedessen können die Grund­s­tücks­ei­gentümer und die zur Nutzung berech-tigte Nießbraucherin hier, eine nach den maßgebenden Bestimmungen des rhein-land-pfälzischen Landes­jagd­ge­setzes gestattete Errichtung eines Hochsitzes nicht verhindern.

AG Pirmasens - Entscheidung vom 26. Mai 2004 - 2 C 539/03 LG Zweibrücken - Entscheidung vom 30. November 2004 - 3 S 126/04 Karlsruhe, den 15. Dezember 2005

Quelle: Pressemitteilung Nr. 175/05 des BGH vom 15.12.2005

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