Dokument-Nr. 14043
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- DB 2012, 1797Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2012, Seite: 1797
- DStR 2012, 1713Zeitschrift: Deutsches Steuerrecht (DStR), Jahrgang: 2012, Seite: 1713
- WM 2012, 1539Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2012, Seite: 1539
- Landgericht Berlin, Urteil25.08.2009, 91 O 17/09
- Kammergericht Berlin, Urteil10.06.2010, 19 U 125/09
Bundesgerichtshof Urteil20.06.2012
Fehlende Kenntnis und Fähigkeit des Geschäftsführers zur Prüfung der Insolvenzreife unbeachtlichGeschäftsführer muss notfalls für eine entsprechende Organisation sorgen
Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung muss für eine Organisation sorgen, die ihm zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall war der Beklagte alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Über deren Vermögen wurde auf Antrag am 16. November 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er verlangte von dem Beklagten gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. Zahlungen ersetzt, die zwischen Januar und Oktober 2004 zu Lasten des Gesellschaftsvermögens geleistet wurden. Der Kläger behauptete, bereits seit Ende 2003 sei die GmbH zahlungsunfähig und überschuldet gewesen.
Überschuldung liegt vor
Der BGH entschied zu Gunsten des Klägers. Nach § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung geleistet wurden. Diese Voraussetzungen lagen nach Auffassung des Gerichtes vor. Seit Ende 2003 bestand unter dem Gesichtspunkt der Überschuldung Insolvenzreife.
Geschäftsführer handelte schuldhaft
Der BGH führte weiter aus, dass die Haftung des Geschäftsführers Verschulden voraussetzt. Dabei genügt einfache Fahrlässigkeit. Maßstab ist nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG a.F. die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes. Auf die individuellen Fähigkeiten kommt es nicht an. Ebenso entschuldigt ihn nicht eine mangelnde Sachkenntnis. Zu Lasten eines Geschäftsführers, der in der in § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. beschriebenen Lage der Gesellschaft Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögens leistet, wird vermutet, dass er dabei schuldhaft, nämlich nicht mit der von einem Vertretungsorgan einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu fordernden Sorgfalt gehandelt hat (vgl. BGH, Urt. v. 27.03.2012 - II ZR 171/10 = ZIP 2012, 1174). Als Ausgangspunkt reicht die Erkennbarkeit der Insolvenzreife aus, wobei die Erkennbarkeit als Teil des Verschuldens vermutet wird (vgl. BGH, Urt. v. 29.09.1999 - II ZR 273/98 = BGHZ 143, 184).
Vorwurf der Fahrlässigkeit
Der Geschäftsführer hat sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets zu vergewissern. Er handelt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss. Sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, muss er sich gegebenenfalls fachkundig beraten lassen. Es ist weiterhin zu berücksichtigen, dass der Geschäftsführer für eine Organisation sorgen muss, die ihm zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht (vgl. BGH, Urt. v. 20.02.1995 - II ZR 9/94 = ZIP 1995, 560).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.09.2012
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
der Leitsatz
GmbHG § 64 Abs. 2 aF
Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung muss für eine Organisation sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560).
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