23.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 4523

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Urteil09.07.2007BundesgerichtshofII ZR 232/05, II ZR 233/05
Vorinstanzen:
  • Landgericht Wiesbaden, Urteil15.11.2004, 11 O 84/03
  • Landgericht Wiesbaden, Urteil09.12.2004, 13 O 149/04
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil08.07.2005, 10 U 274/04
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil08.07.2005, 10 U 11/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil09.07.2007

BGH zur Bedeutung des Flaschenpfandes und zum Eigentum an indivi­du­a­li­sierten Mehrweg­pfand­flaschen

Der Bundes­ge­richtshof (BGH) hatte sich in zwei Fällen mit dem Flaschenpfand zu befassen. Er hat entschieden, dass der auf der Flasche aufgedruckte Begriff "Pfand" als ein Angebot an jedermann zu verstehen ist. Daher kann auch das Pfandgeld verlangen, wer Flaschen im großen Stil beim Hersteller zurückgibt. In einem zweiten Fall hat der BGH entschieden, dass das Eigentum an "indivi­du­a­li­sierten" Flaschen bei demjenigen verbleibt, der sie als Pfandflaschen in Verkehr bringt. Eine "Erset­zungs­be­fugnis" derart, dass der spätere Besitzer entscheiden könne, ob er das Pfand verfallen lassen wolle, besteht nicht.

Die Beklagte beider Verfahren vertreibt stilles Mineralwasser in 1,5 Liter PET – Einweg­pfand­flaschen, die von ihr beim Verkauf des Wassers mit einem Pfand von ,25 € belegt werden. In die Flaschen sind der Name des Wassers eingestanzt und das Wort "Pfand" oder "Pfandflasche" aufgedruckt. Die Flaschen sind mit einer Banderole versehen, die u.a. den Text "Pfand € ,25" oder ",25 € Pfand" enthält. Zu der Beklagten zurückgelangte Flaschen werden nicht erneut befüllt, sondern zerkleinert und das Rohmaterial neu verwendet.

II ZR 232/05

Die Klägerin im Verfahren II ZR 232/05 befasst sich mit der Sortierung von Geträn­ke­flaschen. Sie bietet diese Dienstleistung Geträn­ke­her­stellern an und sortiert aus den Kästen ihrer Vertragspartner die Flaschen anderer Hersteller aus. Als Entgelt dafür darf sie einen vereinbarten Anteil der von ihr aussortierten Flaschen behalten. Auf diese Weise haben sich bei der Klägerin erhebliche Flaschen­be­stände der Beklagten angesammelt. Sie nimmt nunmehr die Beklagte auf Auszahlung des Pfandgeldes Zug um Zug gegen Herausgabe der von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.

Der II. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofes hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Er hat entschieden, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin das Pfandgeld auszuzahlen und die Flaschen zurückzunehmen. Der Senat hat dem auf der Flaschen­ban­derole aufgedruckten Begriff "Pfand" das Angebot an jedermann entnommen, den dort angegebenen Betrag gegen Rückgabe der Flasche zu erstatten.

Ob die Beklagte nicht nur durch das in der Flaschen­ban­derole erklärte und von der Klägerin – mit der Aufforderung, ihr die Pfandbeträge gegen Rückerstattung der Flaschen zu erstatten – angenommene Angebot, sondern auch nach den Vorschriften der Verpa­ckungs­ordnung zur Rücknahme der Flaschen und Auszahlung des Pfandgeldes verpflichtet ist, hat der Senat offen gelassen.

II ZR 233/05

Die Klägerin im Verfahren II ZR 233/05 vertreibt - wie die Beklagte - stilles Mineralwasser. Sie füllt ihr Wasser in - nach ihren Angaben bis zu fünfzehn Mal verwendbare - 1,5 Liter PET-Mehrwegflaschen ab, deren Anschaf­fungs­kosten sie mit ,173 € beziffert und die sie mit einem Pfand von ,15 € belegt. Die Flaschen der Klägerin sind mit der Einprägung "GG-Pool" versehen. Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe 728.552 bei ihr aufgelaufene Flaschen der Klägerin mit einem durch­schnitt­lichen Zeitwert von ,0865 € je Flasche zusammen mit ihren eigenen Flaschen verpresst. Sie nimmt die Beklagte deshalb auf Zahlung von Schadensersatz und Unterlassung der Vernichtung weiterer Flaschen in Anspruch und begehrt außerdem die Feststellung, dass die Beklagte zur Herausgabe ihrer Mehrweg­pfand­flaschen verpflichtet ist.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungs­gericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, zwar sei zu unterstellen, dass die Klägerin beim Verkauf des Wassers das Eigentum an den Flaschen nicht verloren habe. Jedoch sei unter Berück­sich­tigung der Vorstellungen des Rechtsverkehrs von einer einver­nehm­lichen Abrede zwischen allen Beteiligten auszugehen, dass es dem Endkunden freistehe, die Pfandflasche zurückzugeben oder stattdessen den eingesetzten Pfandbetrag verfallen zu lassen. Diese "Erset­zungs­be­fugnis" gehe auf jeden neuen Besitzer der Pfandflasche über, der sein Besitzrecht vom Endkunden ableite.

Der II. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofes hat der Revision der Klägerin teilweise stattgegeben. Die vom Berufungs­gericht angenommene "Erset­zungs­be­fugnis" hat der Senat verneint. Er hat entschieden, dass der Eigentümer einer indivi­du­a­li­sierten, d.h. aufgrund einer dauerhaften Kennzeichnung als sein Eigentum ausgewiesenen Mehrweg­pfand­flasche durch den Verkauf des Getränkes über den Großhandel bis zum Endverbraucher das Eigentum an den Flaschen nicht verliert. Er kann deshalb Herausgabe seiner Flaschen fordern und seine Konkurrenten wegen der Vernichtung seiner Flaschen auf Unterlassung und grundsätzlich auch auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, sofern ihm ein erstat­tungs­fähiger Schaden entstanden ist.

Diese Voraussetzung eines Schaden­s­er­satz­an­spruchs war hier nicht erfüllt, weil der wirtschaftliche Wert der zerstörten Flaschen geringer war als der von der Klägerin für jede Flasche vereinnahmte Pfandbetrag. Diesen Betrag muss sich die Klägerin auf den durch den Verlust ihrer Flaschen entstandenen Schaden anrechnen lassen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 94/07 des BGH vom 09.07.2007

der Leitsatz

Leitsatz zur Entscheidung mit dem Az. II ZR 232/05:

BGB §§ 133 C, 157

Der Begriff "Pfand" auf einer indivi­du­a­li­sierten - dauerhaft von den Produkten anderer Hersteller/Vertreiber unter­scheidbaren - Getränkeflasche beinhaltet das Angebot des dort namentlich genannten Geträn­ke­her­stellers/Vertreibers an jedermann, die Flasche gegen Zahlung des Pfandbetrages zurückzunehmen.

Leitsatz zur Entscheidung mit dem Az. II ZR 233/05:

BGB §§ 1004, 985, 986 Abs. 1, 249

a) Der Eigentümer einer indivi­du­a­li­sierten - aufgrund einer dauerhaften Kenn-zeichnung als sein Eigentum ausgewiesenen - Mehrweg­pfand­flasche verliert das Eigentum an der Flasche weder durch den Verkauf des Getränkes an den Großhandel noch durch den weiteren Vertrieb des Getränkes bis zum Endverbraucher.

b) Er kann von seinen Konkurrenten Herausgabe seiner leeren Flaschen fordern und sie wegen der Vernichtung seiner Flaschen auf Unterlassung und grundsätzlich auch auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.

c) Auf den durch den Verlust seiner Flaschen entstandenen Schaden muss er sich den vereinnahmten Pfandbetrag anrechnen lassen.

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