18.12.2025
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18.12.2025 
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Dokument-Nr. 35657

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Urteil18.12.2025BundesgerichtshofI ZR 97/25
Vorinstanzen:
  • Landgericht Bonn, Urteil21.06.2024, 20 O 10/24
  • Oberlandesgericht Köln, Urteil15.04.2025, 15 U 249/24
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil18.12.2025

Schufa muss Daten nicht sofort nach Zahlung löschenVon Vertrags­partnern einer Wirtschafts­aus­kunftei eingemeldete Daten über Zahlungs­stö­rungen müssen laut BGH nicht sofort nach dem Forde­rungs­aus­gleich gelöscht werden

Die längstmögliche Speiche­rungsdauer von Daten über Zahlungs­stö­rungen, die private Wirtschafts­aus­kunfteien durch Einmeldungen ihrer Vertragspartner sammeln, wird nicht durch die Löschungsfrist von Eintragungen anderer Art über die jeweilige Forderung im öffentlichen Register vorgegeben. Daher müssen solche Daten nicht - wie für die im öffentlichen Schuld­ner­ver­zeichnis gespeicherten Daten vorgesehen - sofort mit dem Nachweis des Ausgleichs der betreffenden Forderung gelöscht werden. Das hat der unter anderem für Rechtss­trei­tig­keiten aus dem Daten­schutzrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs entschieden und eine Abgrenzung zu einem vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Fall der Übernahme von Daten aus einem öffentlichen Register vorgenommen. Für die Festlegung der Speiche­rungsdauer bei nicht aus einem öffentlichen Register übernommenen Daten können von der Aufsichts­behörde genehmigte Verhal­tens­regeln herangezogen werden, soweit sie typisiert zu einem angemessenen Inter­es­se­n­aus­gleich führen und die Besonderheiten des Einzelfalls bei der konkret vorzunehmenden Inter­es­se­n­ab­wägung hinreichend berücksichtigt werden.

Die beklagte SCHUFA Holding AG betreibt eine Wirtschafts­aus­kunftei. Sie bewertet die Gefahr eines Zahlungs­ausfalls der von ihr erfassten natürlichen Personen mit einem Scorewert und gewährt der kreditgebenden Wirtschaft gegen Entgelt Einsicht in ihre Datenbanken. Unter anderem speichert die Beklagte auch Daten zu erledigten Forderungen ihrer Einmelder automatisiert ab.

Die Beklagte speicherte drei gegen den Kläger gerichtete Forderungen für die Dauer von mehreren Jahren nach dem Ausgleich dieser Forderungen. Auf dieser Grundlage ermittelte die Beklagte für den Kläger einen Score-Wert, der die Gefahr eines Zahlungs­ausfalls als "sehr kritisch" einstufte.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe mit dieser Daten­spei­cherung gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen. Hinsichtlich der Löschungs­ansprüche haben die Parteien den Rechtsstreit nach der zwischen­zeitlich erfolgten Datenlöschung durch die Beklagte für erledigt erklärt. Der Kläger nimmt die Beklagte weiterhin auf Zahlung eines immateriellen Schaden­s­er­satzes sowie auf Erstattung von außer­ge­richt­lichen Rechts­ver­fol­gungs­kosten in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungs­gericht hat das landge­richtliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 1.040,50 € nebst Zinsen verurteilt.

Mit ihrer vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungs­urteils und Zurück­ver­weisung der Sache an das Berufungs­gericht.

Wirtschafts­aus­kunfteien wie die der Beklagten werden zur Wahrung von berechtigten Interessen im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO tätig. Dem stehen gewichtige Interessen einer von dieser Daten­spei­cherung betroffenen Person wie dem Kläger gegenüber.

In seinem Urteil "SCHUFA Holding (Restschuld­be­freiung)" vom 7. Dezember 2023 - C-26/22 und C-64/22 - hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DSGVO in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO einer Praxis privater Wirtschafts­aus­kunfteien entgegensteht, die darin besteht, in ihren eigenen Datenbanken aus einem öffentlichen Register stammende Informationen über die Erteilung einer Restschuld­be­freiung zugunsten natürlicher Personen zum Zweck der Lieferung von Auskünften über die Kredit­wür­digkeit dieser Personen für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hinausgeht.

Entgegen der Ansicht des Berufungs­ge­richts folgt daraus nicht, dass bei Daten über Zahlungs­stö­rungen, die private Wirtschafts­aus­kunfteien aufgrund von Einmeldungen ihrer Vertragspartner speichern, um sie zur Grundlage von Bonitäts­be­ur­tei­lungen zu machen, die längstmögliche Speiche­rungsdauer durch die Löschungsfrist von Eintragungen anderer Art über die jeweilige Forderung im öffentlichen Register - hier im Schuld­ner­ver­zeichnis - vorgegeben wird. Die Regelung des § 882 e Abs. 3 Nr. 1 ZPO, die bei Nachweis der vollständigen Befriedigung des Gläubigers eine sofortige Löschung von Einträgen im Schuld­ner­ver­zeichnis (zu deren Inhalt vgl. § 882 b Abs. 2 und 3 ZPO) anordnet, ist nicht auf die Speicherung anderer Daten über Zahlungs­stö­rungen natürlicher Personen (wie Informationen über Gläubiger, Höhe und Inhalt der zugrun­de­lie­genden Forderungen) durch Wirtschafts­aus­kunfteien anzuwenden. Die vorliegend in Rede stehende Daten­spei­cherung der Beklagten unterscheidet sich bereits dadurch wesentlich von derjenigen im Vorla­ge­ver­fahren an den Gerichtshof der Europäischen Union, dass die Beklagte dort Daten aus dem öffentlichen Register - den Insol­venz­be­kannt­ma­chungen - übernommen und parallel gespeichert hatte, während sie hier nicht auf Daten aus dem Schuld­ner­ver­zeichnis zurückgegriffen, sondern von ihren Vertrags­partnern gemeldete Daten über Zahlungs­stö­rungen gespeichert hat. Die Erwägung, dass die für die ursprüngliche Daten­spei­cherung geltende Löschungsfrist nicht durch eine längere Speicherung an anderer Stelle konterkariert werden soll, greift daher im Streitfall nicht.

Für das wiedereröffnete Berufungs­ver­fahren weist der Senat darauf hin, dass es ihm möglich erscheint, bestimmte Speiche­rungs­fristen als Ergebnis einer typisierten Abwägung festzulegen, soweit dabei die Besonderheiten des Einzelfalls hinreichend berücksichtigt werden. Die vom Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Infor­ma­ti­o­ns­freiheit zum 1. Januar 2025 genehmigte Ziffer IV.1. Buchst. b der Verhal­tens­regeln für die Prüf- und Speicherfristen von perso­nen­be­zogenen Daten durch die deutschen Wirtschafts­aus­kunfteien nimmt aus Sicht des Senats grundsätzlich einen angemessenen Inter­es­se­n­aus­gleich vor. Im Ausgangspunkt (Satz 1) sieht diese Regelung eine Speicherung von perso­nen­be­zogenen Daten über ausgeglichene Forderungen für drei Jahre vor. Die Speicherung endet jedoch abweichend davon bereits nach 18 Monaten (Satz 2), wenn (1) der Auskunftei bis zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Negativdaten gemeldet worden sind, (2) keine Informationen aus dem Schuld­ner­ver­zeichnis oder aus Insol­venz­be­kannt­ma­chungen vorliegen und (3) der Ausgleich der Forderung innerhalb von 100 Tagen nach Einmeldung erfolgte. Dem Schuldner muss es zudem möglich sein, besondere Umstände vorzubringen, die seinem Löschungs­in­teresse ein wesentlich überdurch­schnitt­liches Gewicht verleihen. In diesem Fall kann die Inter­es­se­n­ab­wägung ausnahmsweise dazu führen, dass allein eine noch kürzere Speiche­rungsdauer als angemessen anzusehen ist.

War die von der Beklagten vorgenommene Daten­spei­cherung nicht über ihren gesamten Zeitraum rechtmäßig, kommt ein Schaden­s­er­satz­an­spruch des Klägers nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO grundsätzlich in Betracht und sind dessen weitere Voraussetzungen zu prüfen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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