14.11.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 4880

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Urteil20.09.2007BundesgerichtshofI ZR 88/05
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GRUR 2008, 189Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2008, Seite: 189
  • WRP 2008, 44Zeitschrift: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP), Jahrgang: 2008, Seite: 44
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Essen, Urteil24.11.2004, 44 O 32/04
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil14.04.2007, 4 U 24/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil20.09.2007

BGH stärkt Unternehmen bei unauf­ge­for­derten Telefonanrufen zu WerbezweckenInanspruchnahme einer kostenlosen Dienstleistung setzt kein sachliches Interesse an entgeltlicher Leistung voraus

Werbeanrufe bei Unternehmen sind nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn aufgrund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden daran zu vermuten ist. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden. Im vorliegenden Fall rief der Betreiber eines Unter­neh­mens­ver­zeich­nisses im Internet bei einem Gewerbebetrieb an, der in seinem Verzeichnis einen kostenlosen Basiseintrag vorgenommen hatte. Sinn des Anrufs war, den Eintrag in einen kosten­pflichtigen Eintrag umzuwandeln.

Der Bundes­ge­richtshof hatte darüber zu entscheiden, ob ein unauf­ge­for­derter Telefonanruf bei einem Gewerbebetrieb wettbewerbswidrig war.

Die Beklagte betreibt eine Inter­net­such­ma­schine mit einem eigenen Unter­neh­mens­ver­zeichnis, in das sie Unternehmen kostenlos oder bei einem erweiterten Eintrag gegen Entgelt aufnimmt. Bei der Gestaltung seines Inter­ne­t­auf­tritts veranlasste ein Unternehmen durch Linksetzung, dass seine Internetseiten über zahlreiche Suchmaschinen, darunter auch die der Beklagten, aufgerufen werden konnten. In der Folgezeit rief ein Mitarbeiter der Beklagten bei dem Geschäftsführer des Unternehmens unaufgefordert wegen des Suchma­schi­nen­eintrags an. Dabei verfolgte er jedenfalls auch den Zweck, den Angerufenen zu veranlassen, den bisher kostenlosen Eintrag in der Suchmaschine der Beklagten in einen erweiterten, aber entgeltlichen Eintrag umzuwandeln.

Der Kläger, ein Wettbewerber der Beklagten, hat diesen Anruf als unzumutbare Belästigung (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG) beanstandet. Die Beklagte habe nicht bereits wegen des vorhandenen Suchma­schi­nen­eintrags davon ausgehen können, dass das Unternehmen mit dem Anruf einverstanden sei. Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, sie sei aufgrund der bestehenden Geschäfts­ver­bindung zu dem Anruf berechtigt gewesen; dieser habe zudem vor allem dazu dienen sollen, die über das Unternehmen gespeicherten Daten zu überprüfen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungs­gericht die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg.

Der Bundes­ge­richtshof hat seine Rechtsprechung bekräftigt, dass Werbeanrufe bei Unternehmen wettbe­wer­bs­widrig sein können, weil sie zu belästigenden oder sonst unerwünschten Störungen der beruflichen Tätigkeit des Angerufenen führen können.

Werbeanruf bei zu vermutendem sachlichen Interesse zulässig

Anders als Anrufe bei Privatpersonen sei ein Werbeanruf im geschäftlichen Bereich allerdings bereits dann zulässig, wenn aufgrund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden daran zu vermuten sei. Dies sei bei dem beanstandeten Anruf jedoch nicht der Fall gewesen. Der kostenlose Eintrag des Unternehmens in ihrer Suchmaschine habe die Beklagte zwar möglicherweise zu der Annahme berechtigt, das Unternehmen sei mit einem Anruf zur Überprüfung der einge­spei­cherten Daten einverstanden.

Eine Telefonwerbung, um zugleich das Angebot einer entgeltlichen Leistung zu unterbreiten, sei aber nach den gegebenen Umständen für den Anzurufenden unzumutbar belästigend gewesen. Die Beklagte habe nicht mit einem besonderen Interesse des Unternehmens rechnen können, gerade im Verzeichnis ihrer - nicht besonders bekannten - Suchmaschine gegen Vergütung mit einem erweiterten Eintrag aufgeführt zu sein. Ein kostenloser Eintrag über das Unternehmen sei in gleicher Weise wie bei der Beklagten bei weiteren 450 Suchmaschinen gespeichert gewesen. Angesichts der großen Zahl gleichartiger Suchmaschinen und der Verbreitung kostenloser Unter­neh­men­s­einträge in den Verzeichnissen von Suchmaschinen hätte die Beklagte vor einem Anruf berücksichtigen müssen, dass für einen Gewer­be­trei­benden die Gefahr bestehe, in seinem Geschäfts­betrieb durch eine Vielzahl ähnlicher Telefonanrufe empfindlich gestört zu werden.

Erläuterungen
§ 7 Abs. 2 UWG:

Eine unzumutbare Belästigung ist insbesondere anzunehmen

1. …

2. bei einer Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung oder gegenüber sonstigen Markt­teil­nehmern ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 133/07 des BGH vom 20.09.2007

der Leitsatz

UWG § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2

Ein unauf­ge­for­derter Anruf bei einem Gewer­be­trei­benden zu Werbezwecken kann als eine wettbe­wer­bs­widrige unzumutbare Belästigung zu beurteilen sein, wenn der Anrufer zuvor nicht annehmen durfte, der Anzurufende werde mit dem Anruf, so wie er geplant war, einverstanden sein. Der kostenlose Eintrag eines Gewer­be­trei­benden im Verzeichnis einer Inter­net­such­ma­schine, die nur eine unter einer Vielzahl gleichartiger Suchmaschinen ist, rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, der Gewer­be­treibende werde mit einem Anruf zur Überprüfung des über ihn einge­spei­cherten Datenbestandes einverstanden sein, wenn der telefonische Weg gewählt wurde, um zugleich das Angebot einer entgeltlichen Leistung (hier: der Umwandlung des kostenlosen Eintrags in einen erweiterten und entgeltlichen Eintrag) zu unterbreiten (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 5.2.2004 - I ZR 87/02, GRUR 2004, 520 = WRP 2004, 603 - Telefonwerbung für Zusatzeintrag).

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