23.11.2024
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Dokument-Nr. 16685

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Urteil15.08.2013BundesgerichtshofI ZR 80/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2013, 728Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2013, Seite: 728
  • ITRB 2013, 222Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2013, Seite: 222
  • MDR 2013, 1296Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 1296
  • MMR 2013, 733Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2013, Seite: 733
  • NJW 2013, 3245Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 3245
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil15.08.2013

Bundes­ge­richtshof konkretisiert Haftung von File-Hosting-Diensten für Ur­heber­rechts­verletzungenFile-Hosting-Dienst ist zu umfassender regelmäßiger Kontrolle der Linksammlungen verpflichtet

Ein File-Hosting-Dienst ist zu einer umfassenden regelmäßigen Kontrolle der Linksammlungen verpflichtet, die auf seinen Dienst verweisen, wenn er durch sein Geschäftsmodell Ur­heber­rechts­verletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist die GEMA, die als Verwer­tungs­ge­sell­schaft die Verwer­tungs­rechte von Musikurhebern (Komponisten und Textdichtern) wahrnimmt. Die Beklagte betreibt einen File-Hosting-Dienst; sie stellt unter der Internetadresse www.rapidshare.com Speicherplatz im Internet zur Verfügung. Die Nutzer des Dienstes können eigene Dateien auf der Internetseite der Beklagten hochladen, die dann auf deren Servern abgespeichert werden. Dem Nutzer wird ein Link übermittelt, mit dem die abgelegte Datei aufgerufen werden kann. Die Beklagte kennt weder den Inhalt der hochgeladenen Dateien, noch hält sie ein Inhalts­ver­zeichnis der Dateien vor. Spezielle Suchmaschinen (so genannte "Linksammlungen") gestatten aber, nach bestimmten Dateien auf den Servern der Beklagten zu suchen.

GEMA rügt Urheber­rechts­ver­letzung und verlangt Unterlassung

Die Klägerin macht geltend, 4.815 im Einzelnen bezeichnete Musikwerke seien ohne ihre Zustimmung über den Dienst der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht worden und könnten dort heruntergeladen werden. Die Klägerin sieht darin eine Urheberrechtsverletzung und verlangt von der Beklagten Unterlassung.

Berufungsurteil im Hinblick auf Verant­wort­lichkeit einzelner Personen aufgehoben

Die Klage war in beiden Vorinstanzen erfolgreich. Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Soweit das Berufungs­gericht auch ein Mitglied des Verwaltungsrats und einen früheren Geschäftsführer der Beklagten zur Unterlassung verurteilt hatte, hat der Bundes­ge­richtshof das Berufungsurteil wegen fehlender Feststellungen zur Verant­wort­lichkeit dieser Personen für die Urheber­rechts­ver­let­zungen aufgehoben.

Geschäftsmodell der Beklagten ist nicht von vornherein auf Rechts­ver­let­zungen angelegt

Der Bundes­ge­richtshof hatte bereits mit Urteil vom 12. Juli 2012 entschieden, dass File-Hosting-Dienste für Urheber­rechts­ver­let­zungen ihrer Nutzer als Störer auf Unterlassung haften, wenn sie nach einem Hinweis auf eine klare Urheber­rechts­ver­letzung die ihnen obliegenden Prüfungs­pflichten nicht einhalten und es deswegen zu weiteren gleichartigen Rechts­ver­let­zungen kommt. Bei der Konkretisierung dieser Prüfungs­pflichten ist davon auszugehen, dass das Geschäftsmodell der Beklagten nicht von vornherein auf Rechts­ver­let­zungen angelegt ist. Denn es gibt für ihren Dienst zahlreiche legale und übliche Nutzungs­mög­lich­keiten.

Gefahr einer urheber­rechts­ver­let­zenden Nutzung des Dienstes wurde durch Maßnahmen der Beklagten gefördert

Im vorliegenden Fall hat indessen das Berufungs­gericht festgestellt, dass die Beklagte die Gefahr einer urheber­rechts­ver­let­zenden Nutzung ihres Dienstes durch eigene Maßnahmen gefördert hat. Daraus hat der Bundes­ge­richtshof eine gegenüber der Entscheidung "Alone in the Dark" (BGHZ 194, 339 Rn. 25 ff.) verschärfte Haftung der Beklagten abgeleitet.

Möglichkeit der anonymen Nutzung des Angebots erhöht Attraktivität für illegale Nutzungen

Anders als andere Dienste etwa im Bereich des "Cloud Computing" verlangt die Beklagte kein Entgelt für die Bereitstellung von Speicherplatz. Sie erzielt ihre Umsätze nur durch den Verkauf so genannter Premium-Konten. Die damit verbundenen Komfortmerkmale führen dazu, dass die Beklagte ihre Umsätze gerade durch massenhafte Downloads erhöht, für die vor allem zum rechtswidrigen Herunterladen bereitstehende Dateien mit geschützten Inhalten attraktiv sind. Diese Attraktivität für illegale Nutzungen wird durch die Möglichkeit gesteigert, den Dienst der Beklagten anonym in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte geht selbst von einer Missbrauchsquote von 5 bis 6 % aus, was bei einem täglichen Upload-Volumen von 500.000 Dateien ca. 30.000 urheber­rechts­ver­let­zenden Nutzungs­hand­lungen entspricht.

Beklagte muss fortlaufend alle einschlägigen Linksammlungen auf Verstöße überprüfen

Bei der Bestimmung des Umfangs der Prüfpflichten ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Gefahr einer rechts­ver­let­zenden Nutzung ihres Dienstes durch eigene Maßnahmen fördert. Ist die Beklagte auf konkrete Urheber­rechts­ver­let­zungen ihrer Nutzer hinsichtlich bestimmter Werke hingewiesen worden, so ist sie deshalb nicht nur verpflichtet, das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren; sie muss darüber hinaus fortlaufend alle einschlägigen Linksammlungen darauf überprüfen, ob sie Links auf Dateien mit den entsprechenden Musikwerken enthalten, die auf den Servern der Beklagten gespeichert sind. Die Beklagte hat über allgemeine Suchmaschinen wie Google, Facebook oder Twitter mit geeigneten Suchanfragen und ggf. auch unter Einsatz von so genannten Webcrawlern zu ermitteln, ob sich für die konkret zu überprüfenden Werke Hinweise auf weitere rechts­ver­letzende Links zu ihrem Dienst finden. Diese Prüfpflichten bestehen im selben Umfang für jedes Werk, hinsichtlich dessen die Beklagte auf eine klare Verletzung hingewiesen worden ist. Die Prüfpflichten werden nicht dadurch geringer, dass die Beklagte auf eine große Zahl von Rechts­ver­let­zungen - im Streitfall auf die Verletzung der Rechte an mehr als 4.800 Musikwerken - hingewiesen worden ist. Denn der urheber­rechtliche Schutz darf nicht dadurch geschwächt werden, dass es im Rahmen eines an sich zulässigen Geschäfts­modells zu einer großen Zahl von Rechts­ver­let­zungen kommt.

Gleiche Entscheidungen in zwei Paral­lel­ver­fahren

Der Bundes­ge­richtshof hat mit Urteilen vom selben Tag auch in zwei Paral­lel­ver­fahren entsprechende Entscheidungen getroffen. Im Verfahren I ZR 79/12 hatten sich die Verlage de Gruyter und Campus dagegen gewandt, dass trotz entsprechender Hinweise auch weiterhin Bücher ihres Verlages bei der Beklagten heruntergeladen werden konnten. Im Verfahren I ZR 85/12 hatte sich der Senator Filmverleih dagegen gewandt, dass über den Dienst der Beklagten trotz eines Hinweises der Film "Der Vorleser" bei RapidShare heruntergeladen werden konnte.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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