18.10.2024
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Dokument-Nr. 25726

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Bundesgerichtshof Urteil29.03.2018

Rabattaktionen für Smartphone-App "mytaxi" zulässigBeteiligung von Taxiun­ter­nehmern an Bonusaktionen ist mit Personen­beförderungs­gesetz vereinbar

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass bestimmte Bonusaktionen für die Smartphone-App "mytaxi" zulässig sind.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist ein genos­sen­schaft­licher Zusammenschluss von Taxizentralen in Deutschland. Sie betreibt die Taxi-Bestell-App "Taxi Deutschland". Die Beklagte vermittelt Taxi-Dienst­leis­tungen über die Smartphone-App "mytaxi".

Klägerin beanstandet Bonusaktionen als wettbe­wer­bs­widrig

Die Klägerin beanstandet vier Bonusaktionen der Beklagten, bei denen registrierte Nutzer lediglich die Hälfte des regulären Fahrpreises zu zahlen hatten. Die andere Hälfte des Fahrpreises erhielt der Taxifahrer abzüglich Vermitt­lungs­ge­bühren von der Beklagten. Die Klägerin hält die Bonusaktionen für wettbe­wer­bs­widrig, weil sie gegen die Pflicht zur Einhaltung der behördlich festgesetzten Taxitarife verstießen. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Verfahrensgang

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Bonusaktionen verstoßen nicht gegen tarifliche Preisbindung für Taxiunternehmer

Der Bundes­ge­richtshof hat der Revision stattgegeben und die Klage abgewiesen. Die Bonusaktionen der Beklagten verstoßen nicht gegen die tarifliche Preisbindung für Taxiunternehmer. Die Beklagte ist selbst kein Taxiunternehmer, für den die Festpreise gelten. Ihre Tätigkeit beschränkt sich auf die Vermittlung von Fahraufträgen, die von unabhängigen Taxiunternehmen selbständig durchgeführt werden. Diese Taxiunternehmen können uneingeschränkt die Dienste anderer Vermittler, wie etwa der Klägerin, in Anspruch nehmen.

Art der Finanzierung des Fahrpreises nicht entscheidend

Die Beklagte haftet auch nicht als Anstifterin oder Gehilfin für Wettbe­wer­bs­verstöße der ihre Vermitt­lungs­leis­tungen in Anspruch nehmenden Taxiunternehmer. Die Beteiligung der Taxiunternehmer an den Bonusaktionen der Beklagten ist mit dem Personenbeförderungsgesetz vereinbar. Die Bestimmungen der § 51 Abs. 5, § 39 Abs. 3 PBefG zur Tarifpflicht im Taxiverkehr sind zwar Markt­ver­hal­tens­re­ge­lungen im Sinne von § 3 a UWG. Der Taxiunternehmer darf keinen Nachlass auf die tariflichen Festpreise gewähren. Wird der Festpreis vollständig an ihn gezahlt, liegt jedoch kein Verstoß gegen die Tarifpflicht vor. Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die Tarifpflicht kommt es also darauf an, ob das Vermögen des Taxiun­ter­nehmers nach Beförderung des Fahrgastes in Höhe des Festpreises vermehrt wird. Wie der Fahrgast das Entgelt finanziert, ist ohne Bedeutung. Bei den Aktionen der Beklagten erhalten die Taxiunternehmen den vollen tariflichen Festpreis. Soweit die Beklagte dabei eine Provision von 7 % des Fahrpreises abzieht, handelt es sich um eine zulässige Vergütung ihrer Vermitt­lungs­leistung.

Funkti­o­ns­fä­higkeit des Taxiverkehrs wird durch Werbeaktionen nicht beeinträchtigt

Sinn und Zweck der Tarifpflicht des Taxiun­ter­nehmers gebieten kein anderes Ergebnis. Die Funkti­o­ns­fä­higkeit des Taxiverkehrs wird durch die beanstandeten Werbeaktionen der Beklagten nicht beeinträchtigt. Solange den Taxiunternehmen ausreichende Vermitt­lungs­mög­lich­keiten zur Verfügung stehen, besteht kein Grund, den Wettbewerb im Bereich der Taxivermittlung im Interesse der Funkti­o­ns­fä­higkeit des Taxiverkehrs einzuschränken.

Keine Verdrängung von Mitbewerbern

Auch eine unzulässige gezielte Behinderung der Klägerin durch die Beklagte (§ 4 Nr. 4 UWG) liegt nicht vor. Die nicht kostendeckende Erbringung einer Dienstleistung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen verboten, und zwar insbesondere dann, wenn sie zur Verdrängung von Mitbewerbern geeignet ist und in Verdrän­gungs­absicht erfolgt. Hier fehlt jedoch eine Eignung zur Verdrängung, weil die Aktionen der Beklagten sowohl räumlich auf mehrere deutsche Großstädte als auch zeitlich beschränkt waren.

§ 3 a UWG

Erläuterungen
Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Markt­teil­nehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 39 PBefG

(1) Beför­de­rungs­entgelte und deren Änderung bedürfen der Zustimmung der Geneh­mi­gungs­behörde. Mit der Zustimmung sind die Beför­de­rungs­entgelte allgemein verbindlich. [...]

(2) [...]

(3) Die nach Absatz 1 festgestellten Beför­de­rungs­entgelte dürfen nicht über- oder unterschritten werden; sie sind gleichmäßig anzuwenden. Ermäßigungen, die nicht unter gleichen Bedingungen jedermann zugute kommen, sind verboten und nichtig.

§ 51 Beför­de­rungs­entgelte und -bedingungen im Taxenverkehr

(1) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechts­ver­ordnung Beförderungs-entgelte und -bedingungen für den Taxenverkehr festzusetzen. [...]

Die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechts­ver­ordnung übertragen.

[...]

(5) Für die Anwendung der Beför­de­rungs­entgelte und -bedingungen gilt § 39 Abs. 3 entsprechend.

§ 4 Nr. 4 UWG

Unlauter handelt, wer Mitbewerber gezielt behindert.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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