18.10.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 12863

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Urteil12.01.2012BundesgerichtshofI ZR 211/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2012, 925Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 925
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Traunstein, Urteil11.03.2009, 2 HKO 2534/08
  • Oberlandesgericht München, Urteil28.10.2010, 6 U 2657/09
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil12.01.2012

Rabattmodell für den Arznei­mit­telbezug aus dem Ausland bei nicht­ver­schrei­bungs­pflichtigen zulässigRabatt bei verschrei­bungs­pflichtigen Medikamenten nicht erlaubt

Der unter anderem für das Wettbe­wer­bsrecht zuständige I. Zivilsenat hat ein von einer Freilassinger Apothekerin betriebenes Rabattmodell für Arzneimittel teilweise für unbedenklich angesehen und die Abweisung der gegen diese Apothekerin gerichteten Klage in diesem Punkt bestätigt.

Die Beklagte betreibt eine Apotheke in Freilassing. Sie bietet ihren Kunden an, Medikamente bei einer Apotheke in Budapest zu bestellen und zusammen mit einer Rechnung dieser Apotheke bei ihr in Freilassing abzuholen. Den Kunden verspricht sie dabei einen Rabatt in Höhe von 22 % bei nicht­ver­schrei­bungs­pflichtigen und von 10 % bei verschrei­bungs­pflichtigen Medikamenten. Im Falle einer Bestellung lässt die Beklagte die Medikamente zunächst durch einen Großhändler aus Deutschland an die Apotheke in Budapest liefern, von wo aus sie wieder zurückgeliefert werden. Auf Wunsch werden die Kunden, die Medikamente auf diesem Wege beziehen, in der Apotheke der Beklagten pharmazeutisch beraten. Die Klägerinnen, die ebenfalls in Freilassing Apotheken betreiben, sehen in dem Verhalten der Beklagten - soweit verschrei­bungs­pflichtige Arzneimittel abgegeben werden - einen Verstoß gegen die arznei­mit­tel­recht­lichen Preis­vor­schriften. Soweit die Beklagte sonstige Arzneimittel auf diese Weise abgibt, beanstanden die Klägerinnen in erster Linie den Verstoß gegen andere arznei­mit­tel­rechtliche Bestimmungen. Mit ihrer beim Landgericht Traunstein erhobenen Klage haben sie die Beklagte auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen.

OLG untersagte Rabatt auf preisgebundene verschrei­bungs­pflichtige Medikamente

Das Landgericht Traunstein hat der Klage stattgegeben. Das Oberlan­des­gericht München hat dieses Urteil nur insoweit bestätigt, als die Beklagte Rabatte auf preisgebundene verschrei­bungs­pflichtige Arzneimittel angeboten hat. Im Übrigen hat das Oberlan­des­gericht die Klage abgewiesen.

BGH verneint Verstoß gegen das Verbrin­gungs­verbot bei zulas­sungs­pflichtigen Arzneimitteln

Der Bundes­ge­richtshof hat diese Entscheidung nunmehr bestätigt. Insbesondere hat er in Übereinstimmung mit dem OLG einen Verstoß der Beklagten gegen das arznei­mit­tel­rechtliche Verbrin­gungs­verbot des § 73 Arznei­mit­tel­gesetz verneint. Danach dürfen zulas­sungs­pflichtige Arzneimittel nur unter bestimmten Voraussetzungen nach Deutschland eingeführt werden. Insbesondere ist der Versand von Arzneimitteln auch aus dem EU-Ausland an deutsche Endverbraucher nur unter engen Voraussetzungen gestattet, die die hier eingeschaltete Budapester Apotheke nicht erfüllt. Der Bundes­ge­richtshof hat jedoch einen Versand unmittelbar an Endverbraucher im Streitfall verneint. Auch wenn das von der Beklagten praktizierte Modell so ausgestaltet ist, dass sie den Verkauf der bestellten Arzneimittel durch die Budapester Apotheke lediglich vermittelt und der Kaufvertrag deswegen zwischen dem deutschen Kunden und der Budapester Apotheke zustande kommt, ist die Beklagte arznei­mit­tel­rechtlich als Empfängerin anzusehen, die ihrerseits die Medikamente sodann an die Kunden abgibt. Für die arznei­mit­tel­rechtliche Beurteilung ist dabei maßgebend, dass in die Abgabe an den Endverbraucher eine inländische Apotheke eingeschaltet ist, die verpflichtet ist, die Qualität, Eignung und Unbedenk­lichkeit der auf diese Weise abzugebenden Arzneimittel zu prüfen und die Verbraucher bei Bedarf zu beraten. Deswegen ist arznei­mit­tel­rechtlich die inländische Apotheke der Beklagten Empfängerin der von der Budapester Apotheke versandten Arzneimittel. Daher hat der Bundes­ge­richtshof einen Verstoß gegen das Verbrin­gungs­verbot des § 73 AMG verneint.

Beklagte darf als inländische Apotheke keinen Rabatt auf verschrei­bungs­pflichtige Arzneimittel geben

Im Übrigen ist der Beklagten die Gewährung eines Rabatts im Falle verschrei­bungs­pflichtiger Arzneimittel von den Vorinstanzen gerade deswegen verboten worden, weil sie die Arzneimittel als inländische Apothekerin abgibt. Denn die insoweit anwendbaren arznei­mit­tel­recht­lichen Preis­vor­schriften, die einen solchen Rabatt untersagen, gelten nach einer Entscheidung des Bundes­so­zi­al­ge­richts nur im Falle der Abgabe durch inländische Apotheken.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm/pt)

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