15.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil20.12.2007

Verbot des Versandhandels mit verschrei­bungs­pflichtigen Arzneimitteln muss erneut geprüft werdenEtappensieg für DocMorris

Der Bundes­ge­richtshof hat eine vorinstanzliche Entscheidung, mit der ein früheres Vorstands­mitglied der von den Niederlanden aus agierenden Internet-Apotheke DocMorris zur Unterlassung des Versandhandels mit verschrei­bungs­pflichtigen Arzneimitteln und der darauf bezogenen Werbung verurteilt worden ist, aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Das Kammergericht hatte der vom Verband Sozialer Wettbewerb in Berlin erhobenen Unter­las­sungsklage mit der Begründung stattgegeben, der von DocMorris in der Zeit bis 2001 betriebene Versandhandel mit verschrei­bungs­pflichtigen Arzneimitteln und die entsprechende Werbung seien nach den damals geltenden Vorschriften rechts- und wettbe­wer­bs­widrig gewesen und auch nunmehr nach der Freigabe eines solchen Versandhandels unter bestimmten Bedingungen unzulässig. Auch nach der 2004 in Kraft getretenen Neuregelung ist der Versandhandel mit verschrei­bungs­pflichtigen Arzneimitteln aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur zulässig, wenn er in dem Ursprungsland zugelassen ist und dort ein der deutschen Rechtslage vergleichbares Schutzniveau besteht. Das Kammergericht hatte auf das in den Niederlanden geltende geschriebene Gesetzesrecht abgestellt, das den deutschen Schutzstandards nicht gerecht werde. Im Übrigen fehle es bei Versan­d­a­po­theken in den Niederlanden schon an einem Gebot zur Führung einer Präsenzapotheke.

Der Bundes­ge­richtshof hat sich dieser Beurteilung nicht angeschlossen. Beim Vergleich der Sicher­heits­s­tandards in Deutschland und in den Niederlanden sei nicht allein auf die jeweils gegebene Gesetzeslage, sondern auf die jeweilige Rechtslage im Blick auf die tatsächlich bestehenden Sicher­heits­s­tandards abzustellen. Auch wenn das niederländische Recht den Versandhandel mit Arzneimitteln nicht von der Führung einer Präsenzapotheke abhängig mache, könne dies einem Versand­han­dels­un­ter­nehmen nicht entge­gen­ge­halten werden, das tatsächlich eine Präsenzapotheke betreibe. Davon sei auch das Bundes­mi­nis­terium für Gesundheit und Soziale Sicherung in einer im Juni 2005 ergangenen Bekanntmachung ausgegangen. An dieser Bekanntmachung, nach der in den Niederlanden für den Versandhandel mit verschrei­bungs­pflichtigen Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicher­heits­s­tandards bestünden, soweit Versan­d­a­po­theken gleichzeitig eine Präsenzapotheke unterhielten, werde sich das Berufungs­gericht in der neuen Verhandlung maßgeblich zu orientieren haben. Es werde daher insbesondere zu prüfen haben, ob DocMorris auch früher schon eine den nieder­län­dischen Vorschriften entsprechende Präsenzapotheke betrieben hat.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 195/07 des BGH vom 20.12.2007

der Leitsatz

ArzneimittelG § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a, Satz 3

a) Im Rahmen des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Fall 1 AMG ist nicht allein die in Deutschland und in dem anderen Mitgliedstaat jeweils gegebene Gesetzeslage, sondern die jeweilige Rechtslage im Blick auf die tatsächlich bestehenden Sicher­heits­s­tandards miteinander zu vergleichen.

b) Der Umstand, dass das niederländische Recht den Versandhandel mit Arzneimitteln nicht von der Führung einer Präsenzapotheke abhängig macht, kann einem Versand­han­dels­un­ter­nehmen, das eine Präsenzapotheke in den Niederlanden nach den dort bestehenden Bestimmungen betreibt, nicht entge­gen­ge­halten werden.

c) Die Veröf­fent­lichung einer Übersicht zum Versandhandel mit Arzneimitteln nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG bindet die Gerichte insoweit, als sie Feststellungen dazu enthält, dass in bestimmten Mitgliedstaaten der Europäischen Union vergleichbare Sicher­heits­s­tandards bestehen.

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