18.10.2024
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Dokument-Nr. 22156

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Bundesgerichtshof Urteil28.01.2016

Für Smartphone-App "wetter.de" kann kein Werktitelschutz beansprucht werdenBezeichnung fehlt es an hinreichend originärer Unterscheidungs­kraft

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass Apps für mobile Endgeräte wie Smartphones grundsätzlich Werktitelschutz genießen können. Der Bezeichnung "wetter.de" kommt allerdings keine für einen Werktitelschutz nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG hinreichende originäre Unterscheidungs­kraft zu.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls betreibt unter dem Domainnamen "wetter.de" eine Internetseite, auf der sie ortsspezifisch aufbereitete Wetterdaten und weitere Informationen über das Thema Wetter zum Abruf bereithält. Seit 2009 bietet sie entsprechende Informationen auch über eine Applikation (nachfolgend "App") für Mobilgeräte (Smartphones und Tablet-Computer) unter der Bezeichnung "wetter.de" an.

Die Beklagte ist Inhaberin der Domainnamen "wetter.at" und "wetter-deutschland.com", unter denen sie im Internet ebenfalls Wetterdaten zur Verfügung stellt. Seit Ende 2011 betreibt sie zudem eine App mit entsprechenden Inhalten unter den Bezeichnungen "wetter DE", "wetter-de" und "wetter-DE".

Klägerin rügt Verletzung von Titel­schutz­rechten

Die Klägerin beanstandet die Benutzung der Bezeichnungen der Beklagten für deren Wetter-App als eine Verletzung ihrer Titel­schutz­rechte an dem Domainnamen "wetter.de" und der entsprechenden Bezeichnung der von ihr betriebenen App. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schaden­s­er­satz­pflicht der Beklagten begehrt.

Klage bleibt erfolglos

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb ebenfalls erfolglos. Die gegen das Urteil des Berufungs­ge­richts eingelegte Revision der Klägerin wies der Bundes­ge­richtshof zurück.

Bezeichnung "wetter.de" für Internetseite und Apps ist lediglich beschreibend

Der Bundes­ge­richtshof hat angenommen, dass Domainnamen von Inter­ne­t­an­geboten sowie Apps für Mobilgeräte zwar titel­schutz­fähige Werke im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG* sein können. Der Bezeichnung "wetter.de" komme aber keine für einen Werktitelschutz nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG hinreichende originäre Unterscheidungskraft zu. Unter­schei­dungskraft fehlt einem Werktitel, wenn sich dieser nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhalts­be­schreibung erschöpft. So liegt es im Streitfall. Das Berufungs­gericht hat rechts­feh­lerfrei festgestellt, dass die Bezeichnung "wetter.de" für eine Internetseite und für Apps, auf denen Wette­r­in­for­ma­tionen zu Deutschland angeboten werden, glatt beschreibend ist.

In Ausnahmefällen bestehen nur geringe Anforderungen an erforderlichen Grad der Unter­schei­dungskraft

Allerdings sind in bestimmten Fällen nur geringe Anforderungen an den erforderlichen Grad der Unter­schei­dungskraft zu stellen. Dies setzt voraus, dass der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass Werke mit beschreibenden Bezeichnungen gekennzeichnet werden und dass er deshalb auch auf feine Unterschiede in den Bezeichnungen achten wird. Ein derart abgesenkter Maßstab ist von der Rechtsprechung insbesondere für den Bereich der Zeitungen und Zeitschriften anerkannt, die seit jeher mit mehr oder weniger farblosen und nur inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungs­be­zeich­nungen gekennzeichnet werden. Diese Grundsätze sind jedoch nicht auf den Bereich der Bezeichnung von Internetseiten und Smartphone-Apps übertragbar.

Vorgelegtes Verkehrs­gut­achten belegt keine ausreichende Durch­set­zungskraft der Bezeichnung als Werktitel

Die Bezeichnung "wetter.de" genießt auch keinen Werktitelschutz unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsgeltung. Zwar kann eine fehlende originäre Unter­schei­dungskraft auch bei Werktiteln durch Verkehrsgeltung überwunden werden. Die Klägerin hat aber nicht belegt, dass sich die Bezeichnung innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise als Werktitel durchgesetzt hat. Angesichts des glatt beschreibenden Charakters der Bezeichnung "wetter.de" kann die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrs­durch­setzung nicht unterhalb von 50 % angesetzt werden. Dass mehr als die Hälfte der angesprochenen Verkehrskreise in der Bezeichnung "wetter.de" einen Hinweis auf eine bestimmte Internetseite mit Wette­r­in­for­ma­tionen sehen, ergab sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Verkehrs­gut­achten nicht.

* § 5 MarkenG lautet:

Erläuterungen
(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unter­neh­mens­kenn­zeichen und Werktitel geschützt.

(2) Unter­neh­mens­kenn­zeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäfts­be­triebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäfts­be­triebs stehen solche Geschäfts­ab­zeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäfts­be­triebs von anderen Geschäfts­be­trieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäfts­be­triebs gelten.

(3) Werktitel sind die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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