21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.

Dokument-Nr. 4532

Drucken
Urteil12.07.2007BundesgerichtshofI ZR 18/04
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 173, 188Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 173, Seite: 188
  • CR 2007, 729Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2007, Seite: 729
  • GRUR 2007, 890Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2007, Seite: 890
  • JuS 2008, 187Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2008, Seite: 187
  • K&R 2007, 517Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2007, Seite: 517
  • MDR 2008, 97Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2008, Seite: 97
  • MMR 2007, 634Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2007, Seite: 634
  • NJW 2008, 758Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2008, Seite: 758
  • WM 2007, 1812Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2007, Seite: 1812
  • WRP 2007, 1173Zeitschrift: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP), Jahrgang: 2007, Seite: 1173
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Landgericht Potsdam, Urteil10.10.2002, 51 O 12/02
  • Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil16.12.2003, 6 U 161/02
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil12.07.2007

BGH: eBay muss Angebote über jugend­ge­fährdende Medien sperrenVerpflichtung zur Sperrung bei Kennt­ni­ser­langung - generelle Überprüfung nicht zumutbar

eBay kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn Dritte jugend­ge­fährdende Medien auf der eBay-Plattform zum Verkauf anbieten. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden. eBay kann sich nicht auf das im Teleme­di­en­gesetz (TMG) geregelte Haftungs­pri­vi­le­gierung für Host-Provider berufen. Dieses Haftungs­privileg gilt nur für die strafrechtliche Verant­wort­lichkeit und die Schaden­s­er­satz­haftung, nicht dagegen für einen Unter­las­sungs­an­spruch.

Der Bundes­ge­richtshof hatte darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Internet-Auktionshaus auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn auf seiner Plattform jugend­ge­fährdende Medien angeboten werden.

Die Beklagte veranstaltet unter "ebay.de" Fremd­ver­stei­ge­rungen im Internet. Dabei werden die Angebote von den Anbietern regelmäßig ins Internet gestellt, ohne dass die Beklagte zuvor Kenntnis von diesen Angeboten hat. Der Kläger, ein Inter­es­sen­verband des Video- und Medien­fach­handels, wendet sich dagegen, dass bei eBay im Zeitraum von Juli 2001 bis Mai 2002 in verschiedenen Fällen indizierte jugend­ge­fährdende Medien angeboten worden sind. Er sieht darin ein wettbe­wer­bs­widriges Handeln der Beklagten.

Das Landgericht und das Berufungs­gericht haben die auf Unterlassung gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Revision hatte Erfolg.

Nach der zu Marken­ver­let­zungen entwickelten Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs (vgl. BGH, Urteil v. 19.04.2007 - I ZR 35/04 -) betrifft das im Teleme­di­en­gesetz (TMG) geregelte Haftungs­privileg für Host-Provider nur die strafrechtliche Verant­wort­lichkeit und die Schaden­s­er­satz­haftung, nicht dagegen den Unter­las­sungs­an­spruch. Das gilt auch im Wettbe­wer­bsrecht.

Der Bundes­ge­richtshof hat das angefochtene Urteil, das noch von einer generellen Haftungs­pri­vi­le­gierung von eBay ausgegangen war, aufgehoben und die Sache an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen. Im Streitfall kommt – so der Bundes­ge­richtshof – eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung einer wettbe­wer­bs­recht­lichen Verkehrspflicht in Betracht, auch wenn sie selbst nicht Anbieterin jugend­ge­fähr­dender Medien ist.

Der Bundes­ge­richtshof hat darauf abgestellt, dass die Beklagte die ernsthafte und naheliegende Gefahr geschaffen hat, dass ihre Inter­net­plattform von Verkäufern zum Vertrieb indizierter jugend­ge­fähr­dender Schriften genutzt wird. Verstöße gegen das Verbot des Versandhandels mit jugend­ge­fähr­denden Medien beein­träch­tigten Interessen der besonders schutzwürdigen jugendlichen Verbraucher, die auch das Wettbe­wer­bsrecht schütze. Die Beklagte müsse daher – wenn sie Kenntnis von einem konkreten jugend­ge­fähr­denden Angebot erlangt habe – nicht nur dieses konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge dafür treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechts­ver­let­zungen komme. Sie müsse deshalb verhindern, dass die ihr konkret benannten jugend­ge­fähr­denden Medien von anderen Verkäufern erneut auf ihrer Plattform angeboten würden. Als gleichartig (und damit von der Prüfungspflicht der Beklagten erfasst) kämen darüber hinaus auch solche Angebote in Betracht, bei denen derselbe Versteigerer nach Kategorie und Medium entsprechende indizierte Werke anbiete. In Übereinstimmung mit seiner marken­recht­lichen Rechtsprechung hat der Bundes­ge­richtshof jedoch betont, dass die Beklagte keine unzumutbaren Prüfungs­pflichten treffen, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden. Eine Verpflichtung zur Sperrung von Aukti­o­ns­an­geboten besteht zudem nur insoweit, als nicht durch ein wirksames Alters­ve­ri­fi­ka­ti­o­ns­system sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt.

Da es noch an für eine abschließende Beurteilung erforderlichen Feststellungen fehlt, hat der Bundes­ge­richtshof die Sache an das Oberlan­des­gericht Brandenburg zurückverwiesen. In der erneuten Verhandlung wird insbesondere zu klären sein, was im vorliegenden Fall gleichartige Angebote sind, auf die sich die Prüfungspflicht der Beklagten beschränkt, und welche Filterprogramme oder sonstigen technischen Möglichkeiten der Beklagten zur Verfügung stehen, um jugend­ge­fährdende Medienangebote zu identifizieren.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

der Leitsatz

UWG § 3; JuSchG § 15 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 24 Abs. 3, § 27 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2

Verstöße gegen das Verbot des Versandhandels mit jugend­ge­fähr­denden Medien beeinträchtigen wettbewerblich geschützte Interessen der Verbraucher im Sinne des § 3 UWG.

UWG §§ 3, 8 Abs. 1

Wer durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr die ernsthafte Gefahr begründet, dass Dritte durch das Wettbe­wer­bsrecht geschützte Interessen von Markt­teil­nehmern verletzen, ist aufgrund einer wettbe­wer­bs­recht­lichen Verkehrspflicht dazu verpflichtet, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen. Wer in dieser Weise gegen eine wettbe­wer­bs­rechtliche Verkehrspflicht verstößt, ist Täter einer unlauteren Wettbe­wer­bs­handlung.

UWG § 3; TMG § 7 Abs. 2; EWG-RL 2000/31 Art. 14 Abs. 3, Art. 15 Abs. 1

a) Die wettbe­wer­bs­rechtliche Verkehrspflicht des Betreibers einer Internet-Aukti­o­ns­plattform hinsichtlich fremder jugend­ge­fähr­dender Inhalte konkretisiert sich als Prüfungspflicht, zu deren Begründung es eines konkreten Hinweises auf ein bestimmtes jugend­ge­fähr­dendes Angebot eines bestimmten Anbieters bedarf. Der Betreiber der Plattform ist nicht nur verpflichtet, dieses konkrete Angebot unverzüglich zu sperren, sondern muss auch zumutbare Vorsor­ge­maß­nahmen treffen, damit es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechts­ver­let­zungen kommt.

b) Aus der wettbe­wer­bs­recht­lichen Verkehrspflicht des Betreibers einer Internet-Aukti­o­ns­plattform können sich neben der Verpflichtung, Angebote des konkreten Titels in Zukunft zu verhindern, besondere Prüfungs­pflichten hinsichtlich anderer Angebote des Versteigerers ergeben, der das ursprüngliche jugend­ge­fährdende Angebot eingestellt hat.

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil4532

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI