15.11.2024
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Dokument-Nr. 18967

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Urteil09.10.2014BundesgerichtshofI ZR 167/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2015, 166Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 166
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Bundesgerichtshof Urteil09.10.2014

BGH über die Bezeichnung eines alkoholhaltigen MischgetränksBezeichnung "ENERGY & VODKA" verstößt nicht gegen Verordnung der Europäischen Union

Bei der Bezeichnung "ENERGY & VODKA" handelt es sich nicht um eine nach der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 - der sogenannten Health-Claims-Verordnung - verbotene Angabe. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im hier zugrun­de­lie­genden Streitfall vertreibt die Beklagte alkoholfreie und alkoholische Getränke verschiedener internationaler Marken, darunter in Dosen abgefüllte Mischgetränke, die aus Wodka und einem weiteren Bestandteil bestehen. Das streit­ge­gen­ständliche, als "ENERGY & VODKA" bezeichnete Mischgetränk besteht zu 26,7 % aus Wodka und zu 73,3 % aus einem koffeinhaltigen Erfri­schungs­getränk und hat damit einen Alkoholgehalt von 10 %.

Schutzverband der Spirituosen-Industrie e.V. sieht in Bezeichnung Verstoß gegen Verordnung der EU

Der Kläger, der Schutzverband der Spirituosen-Industrie e.V., sieht in der Bezeichnung des Getränks "ENERGY & VODKA" einen Verstoß gegen Verordnungen der Europäischen Union. Er hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen.

OLG: Bezeichnung suggeriere positive Nährwer­t­ei­gen­schaften

Das Berufungs­gericht hat die Bezeichnung "ENERGY & VODKA" als nährwert­be­zogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006* angesehen und einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 dieser Verordnung** angenommen. Die Angabe "ENERGY & VODKA" suggeriere dem Verbraucher, dass das Getränk besondere positive Nährwer­t­ei­gen­schaften aufweise. Der Verbraucher schreibe dem Getränk eine anregende, stimulierende Wirkung auf seinen Organismus zu. Für ein Getränk mit einem Alkoholgehalt von 10 % sei die Angabe deshalb unzulässig.

Energetische Wirkung des Mischgetränks keine besondere Eigenschaft

Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Entscheidung des Landgerichts bestätigt, das die Klage abgewiesen hatte.

Die vom Kläger beanstandete Bezeichnung "ENERGY & VODKA" des Getränks der Beklagten ist - so der Bundes­ge­richtshof - keine Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006*. Mit ihr wird weder unmittelbar noch mittelbar zum Ausdruck gebracht, dass das Getränk besondere Eigenschaften besitzt. Mit der Bezeichnung "ENERGY & VODKA" wird lediglich auf eine Eigenschaft des Produkts hingewiesen, die alle Lebensmittel der entsprechenden Gattung aufweisen. In einem solchen Fall fehlt der Bezeichnung die besondere Zielrichtung, die durch die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bei nährwert- und gesund­heits­be­zogenen Angaben geregelt werden soll. Im Streitfall ergibt sich für die Verbraucher aus dem Zutaten­ver­zeichnis und den weiteren Angaben auf der beanstandeten Aufmachung des Produkts ohne weiteres, dass es sich um ein Mischgetränk handelt, das aus Wodka und einem Energydrink besteht. Die entsprechende "energetische" Wirkung dieses Getränks ist keine besondere Eigenschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, sondern ist bei Energydrinks allgemein vorhanden.

Kein Verstoß gegen kennzei­chen­rechtliche Vorschriften der Europäischen Union

Die Bezeichnung "ENERGY & VODKA" verstößt auch nicht gegen kennzei­chen­rechtliche Vorschriften der Europäischen Union bei Spirituosen nach der Verordnung (EG) Nr. 110/2008. Zwar muss Wodka nach diesen Bestimmungen einen Minde­st­a­l­ko­hol­gehalt von 37,5 % aufweisen. Das schließt aber nicht aus, dass ein Energydrink, dem Wodka beigemischt ist, in der Bezeichnung einen Hinweis auf diese Spirituose enthalten darf.

Erläuterungen
*Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006

(2)Ferner bezeichnet der Ausdruck

1."Angabe" jede Aussage oder Darstellung, die nach dem Gemein­schaftsrecht oder den nationalen Vorschriften nicht obligatorisch ist, einschließlich Darstellungen durch Bilder, graphische Elemente oder Symbole in jeder Form, und mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt;

...

4."Nährwert­be­zogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwer­t­ei­gen­schaften besitzt, und zwar aufgrund

a)der Energie (des Brennwerts), die es

i)liefert,

ii)in vermindertem oder erhöhtem Maße liefert oder

iii)nicht liefert, und/oder

b)der Nährstoffe oder andere Substanzen, die es

iv)enthält,

v)in verminderter oder erhöhter Menge enthält oder

vi)nicht enthält;

5."Gesund­heits­be­zogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebens­mit­tel­ka­tegorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.

**Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006

(3) Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent dürfen keine gesund­heits­be­zogenen Angaben tragen.

Bei Getränken mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent sind nur nährwert­be­zogene Angaben zulässig, die sich auf einen geringen Alkoholgehalt oder eine Reduzierung des Alkoholgehalts oder eine Reduzierung des Brennwerts beziehen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ ra-online

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