15.11.2024
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Dokument-Nr. 11739

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Urteil01.06.2011BundesgerichtshofI ZR 140/09
Vorinstanzen:
  • Landgericht Köln, Urteil03.12.2008, 28 O 483/06
  • Oberlandesgericht Köln, Urteil28.08.2009, 6 U 225/08
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil01.06.2011

BGH: Lernspiele können als Darstellung wissen­schaft­licher Art dem Urheber­rechts­schutz unterliegenBereits die Form der Darstellung kann deren Urheber­rechts­schutz begründen

Lernspiele können nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Urheber­schutz­ge­setzes als Darstellungen wissen­schaft­licher Art urheber­rechtlich geschützt sein können. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls entwickelt und vertreibt Lernspiele, die aus mehreren Übungsheften und einem Kontrollgerät bestehen. Die Lernspiele werden in drei Varianten angeboten, denen dieselbe Spielidee zugrunde liegt. So besteht das Kontrollgerät eines der Lernspiele aus einem flachen Kunst­stoff­kasten, in dem zwölf quadratische Plättchen in zwei Reihen zu je sechs Plättchen auf dafür vorgesehenen Feldern liegen. Die Plättchen sind auf der Vorderseite von eins bis zwölf durchnummeriert und auf der Rückseite mit roten, blauen oder grünen Farbmustern versehen. Die Aufgabe des Anwenders besteht darin, die Plättchen nach der Aufga­ben­stellung des Übungsheftes einem bestimmten Feld zuzuordnen. Hat der Anwender die Aufgabe richtig gelöst, kann er dies, wenn er das Kontrollgerät umdreht, daran erkennen, dass die Rückseiten der Plättchen ein harmonisches, im Übungsheft zur Kontrolle abgebildetes Muster bilden.

Klägerin sieht Urheberrecht an ihren Lernspielen verletzt und verlangt Unterlassung und Schadensersatz

Die Beklagte hat Lernspiele hergestellt und vertrieben, die weitgehend nach demselben Prinzip wie die Lernspiele der Klägerin funktionieren. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe dadurch das Urheberrecht an ihren Lernspielen verletzt. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch.

Verfahrensgang

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungs­gericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hat der Bundes­ge­richtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Urheber­rechts­schutz kann bereits Darstellung einfachster "wissen­schaft­licher" Erkenntnisse zukommen

Nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs können die Lernspiele der Klägerin als Darstellungen wissen­schaft­licher Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG urheber­rechtlich geschützt sein. Für Darstellungen wissen­schaft­licher Art ist es begriffs­we­sentlich, dass sie der Vermittlung von belehrenden oder unterrichtenden Informationen dienen. Die Kontrollgeräte vermitteln im Zusammenspiel mit den Übungsheften solche Informationen. Bereits der Darstellung einfachster "wissen­schaft­licher" Erkenntnisse kann Urheber­rechts­schutz zukommen. Das Berufungs­gericht hat angenommen, eine Urheberrechtsverletzung sei ausgeschlossen, weil sich die Inhalte und Aufgaben der Übungshefte der Beklagten von denen der Klägerin unterscheiden. Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs kann mit dieser Begründung eine Urheber­rechts­ver­letzung nicht verneint werden. Für den Urheber­rechts­schutz einer Darstellung wissen­schaft­licher Art ist der dargestellte Inhalt ohne Bedeutung. Es kommt nicht darauf an, was, sondern wie etwas dargestellt wird. Nur die Form der Darstellung kann deren Urheber­rechts­schutz begründen.

Für Urheber­rechts­schutz muss Lernspiel eigentümliche Formgestaltung aufweisen, die als Darstellungen wissen­schaft­licher Art gewertet werden kann

Das Berufungs­gericht wird daher zu prüfen haben, ob die Lernspiele der Klägerin eine so eigentümliche Formgestaltung aufweisen, dass sie als Darstellungen wissen­schaft­licher Art Urheber­rechts­schutz genießen. Hierfür reicht es schon aus, dass sich die Gestaltung vom alltäglichen Schaffen im betroffenen Bereich der Lernspiele abhebt, auch wenn das Maß der geistigen Leistung und individuellen Prägung gering ist. Sollten die Lernspiele der Klägerin allerdings nur ein geringes Maß an Eigen­tüm­lichkeit haben, könnten bereits verhältnismäßig geringfügige Abweichungen in der Gestaltung der Lernspiele der Beklagten zur Folge haben, dass keine Urheber­rechts­ver­letzung vorliegt. Auch dies wird das Berufungs­gericht gegebenenfalls zu prüfen haben.

Quelle: Bundesgerichthof/ra-online

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