24.11.2024
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Dokument-Nr. 5605

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Urteil14.02.2008BundesgerichtshofI ZR 140/04, I ZR 187/04, I ZR 207/05, I ZR 13/06
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Bundesgerichtshof Urteil14.02.2008

Anbieten und Veranstalten von Sportwetten in Altfällen nicht wettbe­wer­bs­widrig

Der unter anderem für Wettbe­wer­bsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat in vier Fällen die Klagen gegen private Anbieter oder Vermittler von Sportwetten abgewiesen.

Die Beklagten hatten im Zeitraum zwischen Januar 2003 bis Dezember 2005 die Beteiligung an Sportwetten mit festen Gewinnquoten angeboten, für die ihnen in Deutschland eine behördliche Erlaubnis nicht erteilt worden war. Die Vorinstanzen hatten darin einen Verstoß gegen die Strafvorschrift des § 284 des Straf­ge­setz­buches (StGB) gesehen, nach der das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis strafbar ist. Wegen des in der Zuwiderhandlung gegen § 284 StGB liegenden Wettbe­wer­bs­ver­stoßes waren die Beklagten unter anderem zur Unterlassung verurteilt worden.

In einer Sache hatte das Oberlan­des­gericht München der vom Freistaat Bayern gegen einen in Österreich ansässigen Sport­wet­te­n­an­bieter erhobenen Klage auf Unterlassung, Auskunft­s­er­teilung und Feststellung der Schaden­s­er­satz­pflicht mit der Begründung stattgegeben, das Veranstalten und Anbieten von Sportwetten ohne deutsche behördliche Erlaubnis sei rechts- und wettbewerbswidrig. Auch unter Berück­sich­tigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften reiche die der Beklagten von der Salzburger Landesregierung erteilte Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten in Österreich nicht aus, um eine Strafbarkeit nach deutschem Recht auszuschließen. Das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) stehe der Verurteilung der Beklagten nicht entgegen. In den drei weiteren Fällen hatten die Vorinstanzen gleichfalls einen Verstoß des strafbewehrten Verbots unerlaubten Glücksspiels gegen europäisches Gemein­schaftsrecht und deutsches Verfas­sungsrecht verneint.

Der Bundes­ge­richtshof hat sich dieser Beurteilung nicht angeschlossen. Aus der Grund­sat­z­ent­scheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01) ergebe sich, dass das staatliche Wettmonopol in Deutschland in seiner gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung in dem hier maßgeblichen Zeitraum vor dem 28. März 2006 einen unver­hält­nis­mäßigen und deshalb mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbaren Eingriff in die Berufsfreiheit der an entsprechender beruflicher Tätigkeit interessierten Personen dargestellt habe. Zugleich habe darin eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der nach Art. 43 und 49 EG garantierten Nieder­las­sungs­freiheit und des freien Dienst­leis­tungs­verkehrs gelegen. Wegen der Verfassungs- und Gemein­schafts­rechts­wid­rigkeit des staatlichen Wettmonopols in dem Zeitraum vor dem Urteil des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 28. März 2006 könne § 284 StGB auf das Angebot von Sportwetten in den hier zu entscheidenden Fällen, in denen in den Jahren 2003 bis 2005 begangene Tathandlungen zu beurteilen seien (sog. Altfälle), nicht angewendet werden. Es fehle daher an einer für die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft­s­er­teilung und Schadensersatz erforderlichen Zuwiderhandlung der Beklagten gegen eine wettbe­wer­bs­rechtlich relevante Geset­zes­vor­schrift. Einer Prüfung, ob die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols im Zeitraum nach der Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 28. März 2006 nunmehr mit europäischem Gemein­schaftsrecht und deutschem Verfas­sungsrecht vereinbar ist, bedurfte es in den entschiedenen Fällen, in denen die Angebote privater Sport­wet­te­n­an­bieter aus der Zeit vor dem 28. März 2006 zu beurteilen waren, nicht.

Vorinstanzen:

OLG Hamburg, Urteil vom 12.8.2004 – 5 U 131/03, MMR 2004, 752 = K&R 2005, 85

LG Hamburg, Urteil vom 19.8.2003 – 312 O 689/02

OLG Bremen, Urteil vom 11.11. 2004 – 2 U 39/04, OLG-Rep 2005, 171

LG Bremen, Urteil vom 4.3. 2004 – 12 O 405/03

OLG München, Urteil vom 27.11. 2005 – 6 U 5104/04, GRUR-RR 2006, 137

LG München I, Urteil vom 21.9. 2004 – 33 O 10180/03

OLG Köln, Urteil vom 9.12. 2005 – 6 U 91/05, MMR 2006, 230 = CR 2006, 553

LG Köln, Urteil vom 28.4. 2005 – 31 O 600/04

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 29/2008 des BGH vom 14.02.2008

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