21.11.2024
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Dokument-Nr. 5531

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Urteil30.01.2008BundesgerichtshofI ZR 131/05
Vorinstanzen:
  • Landgericht Stuttgart, Urteil22.12.2004, 17 O 299/04
  • Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil06.07.2005, 4 U 19/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil30.01.2008

BGH bejaht volle Gerätevergütung für Multi­funk­ti­o­ns­geräteVergütung muss in wirtschaftlich angemessenem Verhältnis zum Gerätepreis stehen

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, dass für Multi­funk­ti­o­ns­geräte die urheber­rechtliche Gerätevergütung in voller Höhe zu zahlen ist.

Der Urheber eines Werkes hat nach dem Urheber­rechts­gesetz einen Vergü­tungs­an­spruch gegen den Hersteller, Importeur und Händler von Verviel­fäl­ti­gungs­geräten wie beispielsweise Fotoko­pier­geräten. Nach der bis Ende 2007 geltenden und in dem zu entscheidenden Fall noch zugrunde zu legenden Rechtslage bestimmt sich die Höhe der Vergütung – wenn nichts anderes vereinbart ist – nach im Gesetz ausdrücklich genannten festen Vergü­tungs­sätzen. Danach ist beispielsweise für ein Gerät, mit dem bis zu zwölf Farbkopien je Minute hergestellt werden können, eine Vergütung von 76,70 € geschuldet.

Die Klägerin ist die Verwer­tungs­ge­sell­schaft Wort. Sie nimmt die urheber­recht­lichen Befugnisse von Wortautoren und Verlegern wahr. Die Beklagte importiert und vertreibt sogenannte Multi­funk­ti­o­ns­geräte, die in Verbindung mit einem Computer drucken und scannen sowie ohne einen Computer fotokopieren und teilweise auch faxen können. Die Klägerin hat die Feststellung beantragt, dass die Beklagte ihr für jedes bis 31. August 2001 in Verkehr gebrachte Multi­funk­ti­o­nsgerät die in der bis Ende 2007 geltenden Fassung des Gesetzes festgelegte Vergütung zu zahlen hat.

Das Berufungs­gericht hat dem Feststel­lungs­antrag stattgegeben. Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Der Bundes­ge­richtshof ist nicht der Ansicht der Beklagten gefolgt, dass für Multi­funk­ti­o­ns­geräte eine geringere als die gesetzlich bestimmte Vergütung zu zahlen ist, weil diese Geräte nur in geringem Umfang als Fotokopierer verwendet werden. Dass Multi­funk­ti­o­ns­geräte nicht nur kopieren, sondern darüber hinaus auch noch drucken und scannen sowie teilweise faxen können, ändert - so der BGH - nichts daran, dass sie in ihrer Kopierfunktion Fotoko­pier­geräten gleichstehen. Die Beklagte hatte ferner geltend gemacht, mit Multi­funk­ti­o­ns­geräten würden, wenn sie zu Kopierzwecken eingesetzt würden, nur zu einem geringfügigen Anteil Verviel­fäl­ti­gungen von urheber­rechtlich geschützten Vorlagen hergestellt; ferner seien die Vergütungssätze im Verhältnis zum Gerätepreis unver­hält­nismäßig hoch. Der Bundes­ge­richtshof hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass es nach der im Streitfall anwendbaren gesetzlichen Regelung für die Höhe der geschuldeten Gerätevergütung keine Rolle spiele, inwieweit sich unter den Verviel­fäl­ti­gungen urheber­rechts­neutrale Kopien - wie etwa Verviel­fäl­ti­gungen eigener Schriftstücke - befinden; auch der Gerätepreis sei danach für die Vergütungshöhe nicht von Bedeutung. Da das Gesetz die Geräte­her­steller allein aus Prakti­ka­bi­li­täts­gründen mit einer Vergü­tungs­pflicht belaste, obwohl nicht sie selbst, sondern allenfalls die Käufer mit den Geräten urheber­rechtlich relevante Kopien anfertigen, wäre es - so der BGH - allerdings verfas­sungs­rechtlich bedenklich, wenn der Vergütungssatz im Verhältnis zum Gerätepreis derart hoch wäre, dass die Hersteller die Last der Vergütung nicht auf die Erwerber der Geräte abwälzen könnten. Davon könne im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden.

Nach der seit dem 1. Januar 2008 geltenden - im Streitfall nicht anwendbaren - Neuregelung des § 54 a UrhG ist für die Vergütungshöhe maßgeblich, in welchem Maß die Geräte als Typen tatsächlich für urheber­rechts­re­levante Verviel­fäl­ti­gungen genutzt werden; die Vergütung darf den Hersteller der Geräte nicht unzumutbar beeinträchtigen und muss in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts stehen.

Der Bundes­ge­richtshof hat bereits am 6. Dezember 2007 entschieden, dass für Drucker keine Gerätevergütung zu zahlen ist und wird sich demnächst mit der Frage der Vergü­tungs­pflicht von Kopierstationen und PCs zu befassen haben.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 20/08 des BGH vom 01.02.2008

der Leitsatz

UrhG § 54 a Abs. 1 und § 54 d Abs. 1 (F: 25.7.1994); Anlage zu § 54d

Für Multi­funk­ti­o­ns­geräte ist die gesetzlich vorgesehene urheber­rechtliche Gerätevergütung in voller Höhe zu zahlen.

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