Dokument-Nr. 11034
Permalink https://urteile.news/
- ITRB 2011, 75Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2011, Seite: 75
- MMR 2011, 305Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2011, Seite: 305
- Landgericht München I, Urteil15.03.2007, 7 O 7061/06
- Oberlandesgericht München, Urteil03.07.2008, 6 U 2759/07
Bundesgerichtshof Beschluss03.02.2011
Bundesgerichtshof legt EuGH Fragen zur Zulässigkeit des Vertriebs "gebrauchter" Softwarelizenzen vorBGH erbittet Vorabentscheidung des EuGH zur Auslegung der EU-Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen
Der Bundesgerichtshof hat den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung zu der Frage gebeten, ob der Vertrieb "gebrauchter" Softwarelizenzen urheberrechtlich zulässig ist.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls entwickelt Computersoftware, die sie ganz überwiegend in der Weise vertreibt, dass die Kunden keinen Datenträger erhalten, sondern die Software von der Internetseite der Klägerin auf ihren Computer herunterladen. In den Lizenzverträgen der Klägerin ist bestimmt, dass das Nutzungsrecht, das die Klägerin ihren Kunden an den Computerprogrammen einräumt, nicht abtretbar ist. Die Beklagte handelt mit "gebrauchten" Softwarelizenzen. Im Oktober 2005 bot sie "bereits benutzte" Lizenzen für Programme der Klägerin an. Dabei verwies sie auf ein Notartestat, in dem auf eine Bestätigung des ursprünglichen Lizenznehmers verwiesen wird, wonach er rechtmäßiger Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese nicht mehr benutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe. Kunden der Beklagten laden nach dem Erwerb einer "gebrauchten" Lizenz die entsprechende Software von der Internetseite der Klägerin auf einen Datenträger herunter.
Kläger beanstandet Urheberrechtsverletzung
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verletze dadurch, dass sie die Erwerber "gebrauchter" Lizenzen dazu veranlasse, die entsprechenden Computerprogramme zu vervielfältigen, das Urheberrecht an diesen Programmen. Sie hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen.
BGH setzt Verfahren aus und erbittet Vorabentscheidung des EuGH
Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union einige Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Herunterladen gebrauchter Computerprogramme greift in ausschließlich dem Rechtsinhaber zustehendes Recht zur Vervielfältigung von Computerprogrammen ein
Die Kunden der Beklagten greifen durch das Herunterladen der Computerprogramme - so der Bundesgerichtshof - in das nach § 69 c Nr. 1 UrhG ausschließlich dem Rechtsinhaber zustehende Recht zur Vervielfältigung der Computerprogramme ein. Da die Beklagte ihre Kunden durch das Angebot "gebrauchter" Lizenzen zu diesem Eingriff veranlasst, kann sie auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, falls ihre Kunden nicht zur Vervielfältigung der Programme berechtigt sind. Die Kunden der Beklagten können sich nach Auffassung des BGH allerdings möglicherweise auf die Regelung des § 69 d Abs. 1 UrhG berufen, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG ins deutsche Recht umsetzt und daher richtlinienkonform auszulegen ist. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms - solange nichts anderes vereinbart ist - nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist. Es stellt sich daher die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen derjenige, der eine "gebrauchte" Softwarelizenz erworben hat, als "rechtmäßiger Erwerber" des entsprechenden Computerprogramms anzusehen ist. In diesem Zusammenhang kann sich auch die weitere Frage stellen, ob sich das Verbreitungsrecht des Rechtsinhabers erschöpft, wenn ein Computerprogramm mit seiner Zustimmung im Wege der Online-Übermittlung in Verkehr gebracht worden ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.02.2011
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss11034
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.