Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2011 beantragte ein Rechtsanwalt, dass man ihm die Bezeichnung "Fachanwalt für Arbeitsrecht" verleiht. Da er jedoch nicht die erforderliche Anzahl von bearbeiteten gerichts- oder rechtsförmlichen Verfahren nachweisen konnte, wurde sein Antrag abgelehnt. Da der Rechtsanwalt meinte, dass das Erfordernis einer bestimmten Fallanzahl verfassungswidrig sei, erhob er Klage vor dem Anwaltsgerichtshof Hamm. Nachdem diese erfolglos blieb, musste sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall beschäftigen.
Der Bundesgerichthof führte zunächst aus, dass die Verleihung des Fachanwalts für Arbeitsrecht nach § 5 Abs. 1 c) FAO voraussetze, dass mindestens 50 gerichts- oder rechtsförmliche Verfahren innerhalb der letzten drei Jahre vor Antragsstellung bearbeitet wurden. Diese Vorschrift sei nach Ansicht der Bundesrichter nicht verfassungswidrig.
Ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) habe nicht vorgelegen, so der Bundesgerichtshof. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 c) FAO diene nämlich dem Schutz des rechtssuchenden Publikums und solle sicherstellen, dass bei den Fachanwälten tatsächlich besondere Fachkompetenz vorhanden ist. Zudem solle gewährleistet werden, dass sich der Rechtsanwalt mit seiner praktischen Erfahrung auf dem neuesten Stand befindet.
Soweit der Rechtsanwalt anführte, dass aufgrund der rückläufigen Klageverfahren und der steigenden Anzahl von Rechtsanwälten für einen Einzelanwalt keine faire Chance mehr bestehe, die Vorgaben zu erfüllen, folgte der Bundesgerichtshof dem nicht. Denn die Vorschrift bezwecke nicht, jedem Rechtsanwalt den Erwerb einer Fachanwaltsbezeichnung zu ermöglichen. Zudem hielt der Bundesgerichtshof die Zahl von 50 Fällen innerhalb von drei Jahren für durchaus erreichbar. Ohnehin habe ein Rechtsanwalt keinen Anspruch darauf, dass die Regelung ständig geändert wird, wenn sich die Verfahrenszahlen oder die Anzahl der Rechtsanwälte ändern.
Darüber hinaus habe der Rechtsanwalt nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs übersehen, dass die Vorschrift des § 5 Abs. 1 c) FAO ausschließlich das Vorliegen von 50 arbeitsgerichtlichen Verfahren voraussetze. Vielmehr kommen auch rechtsförmliche Verfahren, wie etwa Schlichtungsverfahren, Verfahren vor kirchlichen Schlichtungsstellen sowie Widerspruchsverfahren vor dem Integrationsamt, dem Amt für Arbeitsschutz oder der Bundesagentur für Arbeit in Betracht. Des Weiteren können auch Verfahren vor den Land-, Verwaltungs- oder Sozialgerichten mit berücksichtigt werden, wenn der Schwerpunkt der Fallbearbeitung im Arbeitsrecht lag.
Einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) konnte der Bundesgerichtshof ebenfalls nicht sehen. Zwar könne es durchaus sein, dass es beispielsweise für Rechtsanwälte in Sozietäten leichter ist, praktische Erfahrungen im Fachgebiet nachzuweisen. Jedoch könne dies nicht zu einer Verringerung der Qualitätsanforderungen für die "benachteiligten" Rechtsanwälte führen. Auch der Umstand, dass für andere Fachgebiete weniger Fallzahlen erforderlich sind, begründe keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Denn zum Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen könne für jedes Fachgebiet nicht identische Fallzahlen verlangt werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.04.2014
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)