18.10.2024
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Dokument-Nr. 18089

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Bundesgerichtshof Urteil16.12.2013

Fachanwalt für Arbeitsrecht: Vorliegen einer bestimmten Fallanzahl als Voraussetzung für Fachan­walt­stitel nicht verfas­sungs­widrigKein Verstoß gegen Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und Gleichheitssatz (Art. 3 GG)

Die Bezeichnung "Fachanwalt für Arbeitsrecht" setzt nach § 5 Abs. 1 c) Fachan­walts­ordnung (FAO) die Bearbeitung von mindestens 50 gerichts- oder rechts­förm­lichen Verfahren innerhalb von drei Jahren voraus. Diese Voraussetzung ist nicht verfas­sungs­widrig. Die Vorschrift verstößt weder gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) noch gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2011 beantragte ein Rechtsanwalt, dass man ihm die Bezeichnung "Fachanwalt für Arbeitsrecht" verleiht. Da er jedoch nicht die erforderliche Anzahl von bearbeiteten gerichts- oder rechts­förm­lichen Verfahren nachweisen konnte, wurde sein Antrag abgelehnt. Da der Rechtsanwalt meinte, dass das Erfordernis einer bestimmten Fallanzahl verfassungswidrig sei, erhob er Klage vor dem Anwalts­ge­richtshof Hamm. Nachdem diese erfolglos blieb, musste sich der Bundes­ge­richtshof mit dem Fall beschäftigen.

Voraussetzung einer bestimmten Fallanzahl nicht verfas­sungs­widrig

Der Bundes­ge­richthof führte zunächst aus, dass die Verleihung des Fachanwalts für Arbeitsrecht nach § 5 Abs. 1 c) FAO voraussetze, dass mindestens 50 gerichts- oder rechtsförmliche Verfahren innerhalb der letzten drei Jahre vor Antragsstellung bearbeitet wurden. Diese Vorschrift sei nach Ansicht der Bundesrichter nicht verfas­sungs­widrig.

Kein Verstoß gegen Berufsfreiheit

Ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) habe nicht vorgelegen, so der Bundes­ge­richtshof. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 c) FAO diene nämlich dem Schutz des rechtssuchenden Publikums und solle sicherstellen, dass bei den Fachanwälten tatsächlich besondere Fachkompetenz vorhanden ist. Zudem solle gewährleistet werden, dass sich der Rechtsanwalt mit seiner praktischen Erfahrung auf dem neuesten Stand befindet.

Rückläufige Klageverfahren sowie steigende Anwaltszahl unerheblich

Soweit der Rechtsanwalt anführte, dass aufgrund der rückläufigen Klageverfahren und der steigenden Anzahl von Rechtsanwälten für einen Einzelanwalt keine faire Chance mehr bestehe, die Vorgaben zu erfüllen, folgte der Bundes­ge­richtshof dem nicht. Denn die Vorschrift bezwecke nicht, jedem Rechtsanwalt den Erwerb einer Fachan­walts­be­zeichnung zu ermöglichen. Zudem hielt der Bundes­ge­richtshof die Zahl von 50 Fällen innerhalb von drei Jahren für durchaus erreichbar. Ohnehin habe ein Rechtsanwalt keinen Anspruch darauf, dass die Regelung ständig geändert wird, wenn sich die Verfah­rens­zahlen oder die Anzahl der Rechtsanwälte ändern.

Fachan­walt­stitel setzt nicht Vorliegen von 50 arbeits­ge­richt­lichen Verfahren voraus

Darüber hinaus habe der Rechtsanwalt nach Einschätzung des Bundes­ge­richtshofs übersehen, dass die Vorschrift des § 5 Abs. 1 c) FAO ausschließlich das Vorliegen von 50 arbeits­ge­richt­lichen Verfahren voraussetze. Vielmehr kommen auch rechtsförmliche Verfahren, wie etwa Schlich­tungs­ver­fahren, Verfahren vor kirchlichen Schlich­tungs­stellen sowie Wider­spruchs­ver­fahren vor dem Integrationsamt, dem Amt für Arbeitsschutz oder der Bundesagentur für Arbeit in Betracht. Des Weiteren können auch Verfahren vor den Land-, Verwaltungs- oder Sozialgerichten mit berücksichtigt werden, wenn der Schwerpunkt der Fallbearbeitung im Arbeitsrecht lag.

Kein Verstoß gegen Gleichheitssatz

Einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) konnte der Bundes­ge­richtshof ebenfalls nicht sehen. Zwar könne es durchaus sein, dass es beispielsweise für Rechtsanwälte in Sozietäten leichter ist, praktische Erfahrungen im Fachgebiet nachzuweisen. Jedoch könne dies nicht zu einer Verringerung der Quali­täts­an­for­de­rungen für die "benachteiligten" Rechtsanwälte führen. Auch der Umstand, dass für andere Fachgebiete weniger Fallzahlen erforderlich sind, begründe keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Denn zum Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen könne für jedes Fachgebiet nicht identische Fallzahlen verlangt werden.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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