Bundesgerichtshof Urteil25.11.2013
Anwalt darf als Headhunter im Zweitberuf auf die Pirsch nach Juristen gehenAnwaltliche Unabhängigkeit nicht gefährdet
Ist ein Rechtsanwalt im Zweitberuf als Personalvermittler für Juristen tätig, so gefährdet das seine anwaltliche Unabhängigkeit zumindest dann nicht, wenn seine Kanzlei nicht auf dem Gebiet des Arbeitsrechts tätig ist und seine Personalberatungsfirma keine rechtliche Beratung vornimmt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall wurde einem Rechtsanwalt im Mai 2011 seine Zulassung entzogen. Die zuständige Rechtsanwaltskammer begründete diesen Schritt damit, dass der Rechtsanwalt als Zweitberuf als Personalvermittler (Headhunter) tätig war. Im Rahmen dieser Tätigkeit vermittelte er ausschließlich Juristen an andere Juristen. Gegen den Entzug seiner Anwaltszulassung erhob der Rechtsanwalt vor dem Anwaltsgerichtshof Frankfurt a.M. erfolglos Klage. Nunmehr musste sich im Berufungsverfahren der Bundesgerichthof mit dem Fall beschäftigen.
Entzug der Anwaltszulassung unzulässig
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Rechtsanwalts und hob das erstinstanzliche Urteil auf. Denn der Entzug der Anwaltszulassung sei unzulässig gewesen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO sei zwar die Zulassung zur Anwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt eine Tätigkeit ausübt, die mit seinem Beruf, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann. Dies sei hier hingegen nicht der Fall gewesen.
Unvereinbarkeit des Anwaltsberufs mit zweitberuflicher Tätigkeit als Personalberater möglich
Zwar erkannte der Bundesgerichtshof an, dass die zweitberufliche Tätigkeit als Personalberater mit dem Anwaltsberuf unvereinbar sein kann, soweit er im Rahmen der Personalvermittlung auch rechtlich beratend tätig wird. Die Unabhängigkeit seiner Beratung könne nämlich gefährdet sein, wenn er bei der Neugewinnung von Kunden und der damit verbundenen Beratung der Kunden das wirtschaftliche Interesse seiner Personalberatungsfirma im Blick hat. Zudem bestehe die Gefahr, dass der Rechtsanwalt seine Mandanten unter Ausnutzung seines, durch die Beratung erlangtes, Wissen als Kunden für seine Personalberatungsfirma gewinnen möchte (BGH, Beschl. v. 26.11.2007 - AnwZ (B) 111/06 = NJW 2008, 1318). Im vorliegenden Fall habe eine solche Gefahr nicht bestanden.
Keine Gefahr für anwaltliche Unabhängigkeit im konkreten Fall
Im konkreten Fall verneinte der Bundesgerichtshof jedoch eine Gefahr für die anwaltliche Unabhängigkeit. Denn zum einen sei der Rechtsanwalt im Rahmen seiner Personalvermittlung nicht rechtlich beratend tätig geworden. Zum anderen sei die Gefahr einer Wissensausnutzung fernliegend gewesen. Zwar sei nicht völlig auszuschließen gewesen, dass der Rechtsanwalt Mandanten in arbeitsrechtlichen Fragen berät und sie dabei auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses drängt, um sie dann als Kunden für seine Personalberatungsfirma zu gewinnen. Ein solches Vorgehen sei aber fernliegend gewesen, da der Rechtsanwalt mit seiner Kanzlei nicht auf dem Gebiet des Arbeitsrechts tätig war. Zudem sei eine Überschneidung des Kreises seiner Mandanten mit dem Kreis der Kunden für seine Personalberatungsfirma unwahrscheinlich gewesen, da er ausschließlich Juristen an Juristen vermittelte.
Fernliegende Möglichkeit einer Gefahr genügt mit Blick auf die Berufsausübungsfreiheit nicht
Eine fernliegende Möglichkeit einer Gefahr genüge nach Ansicht des Bundesgerichtshofs mit Blick auf die grundsätzliche Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) aber nicht für eine Entziehung der Anwaltszulassung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.02.2014
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)