21.11.2024
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Dokument-Nr. 3952

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Bundesgerichtshof Urteil15.03.2007

Anti-Nazi-Symbole sind nicht strafbar - BGH hebt umstrittenes Urteil des LG Stuttgart aufBundes­ge­richtshof zur Auslegung des § 86 a StGB

Wer ein durch­ge­stri­chenes Hakenkreuz vertreibt, macht sich nicht gemäß § 86 a StGB strafbar. Das hat der Bundes­ge­richthof entschieden und ein Urteil des Landgerichts Stuttgart aufgehoben. Der BGH führte aus, dass der Tatbestand des § 86 a StGB zu weit gefasst sei und einer Einschränkung bedürfe.

Das Landgericht Stuttgart (LG Stuttgart, Urteil v. 29.09.2006 - 18 KLS 4 JS 63331/05 -) hatte den Inhaber eines Unternehmens wegen Verwendens von Kennzeichen verfas­sungs­widriger Organisationen nach § 86 a StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Er hatte für die Punkerszene Aufkleber, Anstecker und ähnliche Gegenstände vertrieben, auf denen natio­nal­so­zi­a­lis­tische Kennzeichen in einer Form abgebildet worden sind (Durchstreichen, Zerschmettern u. a.), dass bereits aus der Darstellung die Gegnerschaft zum Natio­nal­so­zi­a­lismus deutlich wurde.

Der 3. Strafsenat des BGH hat das Urteil aufgehoben und den Angeklagten freigesprochen. Zur Auslegung des § 86 a StGB hat er ausgeführt, dass der Tatbestand zu weit gefasst ist und der Einschränkung bedarf. Dies war bereits im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren erkannt, die Eingrenzung der Vorschrift im Einzelfall aber der Rechtsprechung überlassen worden. Dementsprechend hatte der Senat schon in früheren Entscheidungen bestimmte Kennzei­chen­ver­wen­dungen ausgenommen, bei denen sich aus den Umständen ergeben hatte, dass der Schutzzweck des Gesetzes ersichtlich nicht verletzt war. Nunmehr hat er entschieden, dass der Gebrauch des Kennzeichens einer verfas­sungs­widrigen Organisation auch dann nicht von § 86 a StGB erfasst wird, wenn bereits der Inhalt der Darstellung in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt. Dies gilt selbst dann, wenn solche Artikel aus kommerziellen Interessen massenhaft vertrieben werden. Die Befürchtung des Landgerichts, rechtsextreme Personen könnten diese Lockerung des Verbots ausnutzen und ihrerseits derart abgeänderte Kennzeichen verwenden, hat der Senat nicht geteilt. Er ist davon überzeugt, dass Anhänger rechtsextremer Organisationen Darstellungen, in denen solche Kennzeichen in gegnerischer Zielrichtung verwendet werden, als Verhöhnung der ihnen "heiligen" Symbole empfinden und selbst nicht gebrauchen würden.

Der Senat hat die Sache selbst abschließend entschieden. Bei den vom Angeklagten vertriebenen zahlreichen Artikeln war – mit einer Ausnahme - eindeutig und offenkundig die Gegnerschaft zum Natio­nal­so­zi­a­lismus deutlich gemacht worden und daher der Tatbestand nicht erfüllt. Lediglich bei einer CD-Hülle war die Distanzierung allerdings nicht auf den ersten Blick erkennbar und daher unzureichend. Doch hat der Senat ausgeschlossen, dass dem Angeklagten angesichts der besonderen Umstände insoweit ein entsprechender Vorsatz nachgewiesen werden könne, und ihn insgesamt freigesprochen.

Quelle: ra-online, BGH

der Leitsatz

StGB § 86 a Abs. 1

Der Gebrauch des Kennzeichens einer verfas­sungs­widrigen Organisation in einer Darstellung, deren Inhalt in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt, läuft dem Schutzzweck des § 86 a StGB ersichtlich nicht zuwider und wird daher vom Tatbestand der Vorschrift nicht erfasst.

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