15.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil08.05.2014

BGH: Verurteilung wegen Vorbereitung einer schweren staats­ge­fähr­denden Gewalttat aufgehoben§ 89a StGB ist zur Wahrung der Grundsätze des Tatstrafrechts und Schuldprinzips einschränkend auszulegen

Ein Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, mit dem dieses gegen den Angeklagten u.a. wegen Vorbereitung einer schweren staats­ge­fähr­denden Gewalttat auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren erkannt hat, wurde vom Bundes­ge­richtshof aufgehoben und die Sache zur Neuverhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Angeklagte entwickelte - nach den Feststellungen des Landgerichts - zunehmend Hass- und Rachegefühle gegen die westliche Welt. Er radikalisierte sich und baute nach den Vorgaben einer Anleitung aus dem Internet unter konspirativen Umständen eine Rohrbombe. Er nahm zumindest billigend in Kauf, diese in der Öffentlichkeit zum Einsatz zu bringen, dadurch eine unbestimmte Anzahl von Menschen zu töten und das Sicher­heits­gefühl der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Kurz vor Fertigstellung der Spreng­vor­richtung kam es zu einer Explosion, bei der der Angeklagte sich verletzte und Sachschaden entstand. Im Anschluss daran wurde er festgenommen.

Angeklagter beruft sich auf Verfas­sungs­wid­rigkeit des § 89 a StGB

Mit seiner Revision hat der Angeklagte unter Berufung auf einen großen Teil des juristischen Schrifttums gerügt, der im Jahre 2009 in das Strafgesetzbuch eingefügte § 89 a StGB - Vorbereitung einer schweren staats­ge­fähr­denden Gewalttat - sei verfassungswidrig. Außerdem hat er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet.

§ 89 a StGB trotz Bedenken bei verfas­sungs­kon­former Auslegung mit Grundgesetz noch vereinbar

Der Staats­schutzsenat des Bundes­ge­richtshofs hat dahin erkannt, dass § 89 a StGB mit Blick auf den weiten Beurtei­lungs­spielraum des Gesetzgebers trotz der gewichtigen Bedenken gegen die Norm bei verfas­sungs­kon­former Auslegung mit dem Grundgesetz noch vereinbar ist. Ein Anlass, die Sache dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht zur Entscheidung vorzulegen, bestand deshalb nicht. Nach der Auffassung des Senats steht die Vorschrift insbesondere mit dem Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit in Einklang und entspricht den Anforderungen des Bestimmt­heits­gebots. Mit Blick auf die Vorverlagerung der Strafbarkeit und die weite Fassung des objektiven Tatbestands, der auch als solche sozialneutrale Handlungen erfasst, ist es zur Wahrung der Grundsätze des Tatstrafrechts sowie des Schuldprinzips und damit elementarer Verfas­sungs­grundsätze allerdings erforderlich, die Norm einschränkend auszulegen. Notwendig ist deshalb, dass der Täter bereits fest entschlossen ist, später eine schwere staats­ge­fährdende Gewalttat zu begehen; es reicht nicht aus, dass er dies lediglich für möglich hält und billigend in Kauf nimmt.

LG muss Voraussetzungen klären

Das Landgericht, dessen Urteil in diesem Punkt nicht eindeutig war, wird in einer neuen Haupt­ver­handlung zu klären haben, ob diese Voraussetzungen vorliegen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ ra-online

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