23.11.2024
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Dokument-Nr. 8295

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Bundesgerichtshof Urteil13.08.2009

"Blood & Honour": Verwenden von NS-Paraolen in einer fremden Sprache ist nicht gemäß § 86 a StGB strafbarBGH hebt Verurteilung wegen Verwendens von Kennzeichen verfas­sungs­widriger Organisationen auf

Der fremdsprachige Gebrauch einer NS-Parole unterfällt nicht dem Straftatbestand des § 86 a StGB (Verwendens von Kennzeichen verfas­sungs­widriger Organisationen). So wäre das Verwenden der NS-Parole "Blut und Ehre" gemäß § 86 a StGB strafbar, nicht hingegen das Verwenden der englischen Übersetzung "Blood & Honour". Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der Angeklagte hatte am 16. September 2005 100 T-Shirts im Besitz, die zur Weitergabe an verschiedene Personen bestimmt und wie folgt bedruckt waren: Auf der Vorderseite befand sich der Schriftzug "Blood & Honour/C18", ferner die Abbildung einer Hand, die eine Pistole hält, sowie der englischen Satz "support your local section". Auf der Rückseite der T-Shirts stand "Blood & Honour is our voice Combat 18 is our choice". "Blood & Honour" ist eine international aktive, recht­s­ex­tre­mis­tische Vereinigung, deren deutsche Unter­or­ga­ni­sation bestandskräftig verboten ist. Dies war dem Angeklagten bekannt. Er wusste auch, dass "Blood & Honour" die wörtliche Übersetzung des Leitspruchs " Blut und Ehre " der Hitlerjugend ist.

Landgericht sah in Verwenden der englischen Parole einen Verstoß gegen § 86 a StGB

Aufgrund dieses Sachverhalts verurteilte das Landgericht Gera den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfas­sungs­widriger Organisationen (§ 86 a StGB) zu einer Geldstrafe von 4200 Euro. Der u.a. für Staats­schutz­straf­sachen zuständige 3. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.

BGH: NS-Parole wurde durch Übersetzung ins Englische verfremdet, so dass keine Strafbarkeit nach § 86 a StGB besteht

Der Senat hat - anders als das Landgericht - entschieden, dass der fremdsprachige Gebrauch einer NS-Parole nicht dem Straftatbestand des § 86 a StGB unterfällt. Diese Vorschrift stellt nicht jedes Bekenntnis zu einer NS-Organisation - was hier fraglos vorliegt - unter Strafe, sondern nur die Verwendung von Kennzeichen dieser Organisationen, etwa ihrer Parolen, Abzeichen, Fahnen etc.. Gleichermaßen strafbar ist auch der Gebrauch von Symbolen, die den Originalen zum Verwechseln ähnlich sind. Eine Verwechs­lungs­gefahr liegt jedoch nur dann vor, wenn die Nachahmung und das Original in wesentlichen Vergleichs­punkten übereinstimmen, was bei leichten Abwandlungen des Origi­nal­sinnbilds regelmäßig der Fall ist. Durch die Übersetzung in eine andere Sprache erfährt eine NS-Parole, die nicht nur durch ihren Sinngehalt sondern ebenso durch die deutsche Sprache ihre charak­te­ris­tische Prägung erfahren hat, jedoch eine grundlegende Verfremdung, die der Tatbestand des § 86 a StGB nicht erfasst.

Strafbarkeit wegen symbolhafter Verwendung?

Der Angeklagte kann sich jedoch gleichwohl wegen Verwendens von Kennzeichen verfas­sungs­widriger Organisationen strafbar gemacht haben, wenn er den Namen der in Deutschland verbotenen Vereinigung "Blood & Honour" symbolhaft verwendet hat. Erfährt der Name einer verbotenen Organisation eine gestalterische Ausformung, etwa durch eine besondere Schriftgebung, kann ihm die Funktion eines Kennzeichens zukommen. Mit dieser Möglichkeit hat sich das Landgericht im angefochtenen Urteil nicht ausein­an­der­gesetzt. Ebenso wenig hat es geprüft, ob sich der Angeklagte durch das Vorrätighalten der mit einem aggressiv-kämpferischen Text bedruckten T-Shirts wegen Verbreitens von Propa­gan­da­mitteln verfas­sungs­widriger Organisationen (§ 86 StGB) oder wegen Unterstützens des organi­sa­to­rischen Zusammenhalts der verbotenen Vereinigung "Blood & Honour" nach § 85 StGB strafbar gemacht hat. Diese Fragen werden in einer neuen Haupt­ver­handlung zu klären sein.

Quelle: ra-online, BGH

der Leitsatz

StGB § 86 a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 und 2, § 86 Abs. 1 Nr. 2 und 4

1. Der in eine andere Sprache übersetzte Leitspruch einer ehemaligen national-sozialistischen Organisation ist kein Kennzeichen, das der Originalparole im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB zum Verwechseln ähnlich ist.

2. Der Name einer Vereinigung oder Organisation nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB ist als solcher kein Kennzeichen im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 1 StGB.

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