21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen die Ausrüstung eines Polizisten.

Dokument-Nr. 785

Drucken
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil28.07.2005

Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ als solche nicht strafbar

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, daß im Gebrauch der unter Rechtsradikalen weit verbreiteten Losung „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ kein Verwenden von Kennzeichen ehemaliger natio­nal­so­zi­a­lis­tischer Organisationen nach § 86 a StGB liegt. Diese Parole ist im Wortlaut von keiner dieser Organisationen gebraucht worden. Eine Bestrafung nach dieser Vorschrift könnte zwar auch dann erfolgen, wenn sie der Parole einer NS-Organisation zum Verwechseln ähnlich wäre. Diese Frage hat der Bundes­ge­richtshof verneint. Eine hinreichende Ähnlichkeit ist weder mit der Originalparole der Waffen-SS („Meine/unsere Ehre heißt Treue“) noch mit der der Hitlerjugend („Blut und Ehre“) gegeben. Der Gebrauch einer Fantasieparole, die von NS-Organisationen nie verwendet worden ist und die nur den Anschein der Parole einer NS-Organisation hervorruft, fällt jedoch nicht unter diese Strafvorschrift.

Diese Frage war von Polizei- und Sicher­heits­be­hörden unterschiedlich beantwortet worden. Die Staats­an­walt­schaft Karlsruhe hatte Anklage zum Landgericht Karlsruhe erhoben, um eine grundsätzliche Klärung der Rechtsfrage durch den Bundes­ge­richtshof herbeizuführen. Das Landgericht Karlsruhe hatte zunächst die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Auf die Beschwerde der Staats­an­walt­schaft ist diese jedoch vom Oberlan­des­gericht Karlsruhe angeordnet worden. Die daraufhin erfolgte Verurteilung hat der Bundes­ge­richtshof aufgehoben. Da besondere Umstände, unter denen eine Verfolgung wegen Verbreitens von Propa­gan­da­mitteln verfas­sungs­widriger Organisationen nach § 86 StGB in Betracht kommt, nicht gegeben waren, hat er die Angeklagten freigesprochen.

Vorinstanz: LG Karlsruhe - 6 KLs 57 Js 30569/01

Die einschlägigen Straf­vor­schriften lauten auszugsweise:

Erläuterungen

§ 86 a StGB Verwenden von Kennzeichen verfas­sungs­widriger Organisationen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft,

1. wer im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften (§ 11 Abs. 3) verwendet oder

2. …

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

….

§ 86 StGB Verbreiten von Propa­gan­da­mitteln verfas­sungs­widriger Organisationen

(1) Wer …

1. – 3. …

4. Propa­gan­da­mittel, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Organisation fortzusetzen,

(2) Propa­gan­da­mittel im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche Schriften (§ 11 Abs. 3), deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völker­ver­stän­digung gerichtet ist.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 111/05 des BGH vom 28.07.2005

der Leitsatz

StGB § 86 a Abs. 2 Satz 2

1. Zur Frage, wann ein verwendetes Kennzeichen einem Origi­na­l­kenn­zeichen einer verfas­sungs­widrigen Organisation nach Änderungen und/oder Zusätzen zum Verwechseln ähnlich ist.

2. Die Verwendung eines Fanta­sie­kenn­zeichens oder eines erheblich abgewandelten Kennzeichens, das dem Origi­na­l­kenn­zeichen nicht zum Verwechseln ähnlich ist, wird auch dann nicht von § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB erfasst, wenn es den Anschein erweckt, es handele sich um ein Kennzeichen dieser Organisation.

3. Die Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" ist weder der Originalparole der Hitlerjugend noch derjenigen der Waffen-SS zum Verwechseln ähnlich.

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil785

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI