18.10.2024
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Dokument-Nr. 7077

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Urteil02.12.2008Bundesgerichtshof1 StR 416/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BB 2009, 312Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 2009, Seite: 312
  • BGHSt 53, 71Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshof in Strafsachen (BGHSt), Band: 53, Seite: 71
  • JZ 2009, 526Zeitschrift: JuristenZeitung (JZ), Jahrgang: 2009, Seite: 526
  • NJW 2009, 528Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2009, Seite: 528
  • NStZ 2009, 271Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 2009, Seite: 271
  • NZBau 2009, 181Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht (NZBau), Jahrgang: 2009, Seite: 181
  • StV 2009, 188Zeitschrift: Der Strafverteidiger (StV), Jahrgang: 2009, Seite: 188
  • StV 2009, 639Zeitschrift: Der Strafverteidiger (StV), Jahrgang: 2009, Seite: 639
  • wistra 2009, 107Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (wistra), Jahrgang: 2009, Seite: 107
  • WM 2009, 865Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2009, Seite: 865
  • ZInsO 2009, 718Zeitschriften zum Insolvenzrecht (ZInsO), Jahrgang: 2009, Seite: 718
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Vorinstanz:
  • Landgericht Landshut, Urteil21.04.2008, 3 KLs 54 Js 18017/06
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil02.12.2008

BGH: Grundsatz­entscheidung zur Strafhöhe bei Steuer­hin­ter­ziehungBGH stellt Orien­tie­rungswerte zum Strafmaß bei Steuer­hin­ter­ziehung auf

Bei einer Steuer­hin­ter­ziehung ist die Höhe des Hinter­ziehungs­betrags ein Straf­zumessungs­umstand von besonderem Gewicht. Der Steuerschaden bestimmt daher auch maßgeblich die Höhe der Strafe. Dabei kommt der gesetzlichen Vorgabe des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO indizielle Bedeutung zu, wonach bei einer Hinterziehung in "großem Ausmaß" in der Regel nur eine Freiheitsstrafe, und zwar von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, angedroht ist. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Das Landgericht Landshut hatte den Angeklagten, der ein Bauunternehmen als Subunternehmer betrieb, mit Urteil vom 21. April 2008 unter anderem wegen Steuerhinterziehung und Beitrags­hin­ter­ziehung zu der Gesamt­frei­heits­strafe von einem Jahr und elf Monaten ohne Bewährung verurteilt. Dagegen hatte der Angeklagte Revision eingelegt und insbesondere die Strafzumessung gerügt.

Sachverhalt

Der Verurteilung liegt zugrunde, dass der Angeklagte seine Arbeitnehmer "schwarz" beschäftigte und demzufolge weder Lohnsteuern noch Sozialabgaben abführte. Er gab auch keine Umsatz­steu­e­r­er­klä­rungen ab. Zudem unterstützte er die Umsatz­steu­er­hin­ter­ziehung seiner Auftraggeber durch die Beschaffung von Schein­rech­nungen, damit diese die an den Angeklagten geleisteten Zahlungen als Betrie­bs­ausgaben ansetzen und einen Vorsteuerabzug geltend machen konnten. Der dadurch bewirkte Steuerschaden und die vorenthaltenen Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge betrugen jeweils insgesamt fast 1 Mio €.

Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision des Angeklagten verworfen und dabei zu zwei Fragen grundsätzliche Ausführungen gemacht:

Strafzumessung

Bei einer Steuer­hin­ter­ziehung ist die Höhe des Hinter­zie­hungs­betrags ein Straf­zu­mes­sungs­umstand von besonderem Gewicht. Der Steuerschaden bestimmt daher auch maßgeblich die Höhe der Strafe. Dabei kommt der gesetzlichen Vorgabe des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO indizielle Bedeutung zu, wonach bei einer Hinterziehung in "großem Ausmaß" in der Regel nur eine Freiheitsstrafe, und zwar von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, angedroht ist. Der BGH hat ausgeführt, dass ein großes Ausmaß – wie bereits zum gleichen Merkmal bei Betrug entschieden – dann vorliegt, wenn der Steuerschaden über 50.000 € liegt. Das bedeutet, dass jedenfalls bei einem sechsstelligen Hinter­zie­hungs­betrag die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milde­rungs­gründen noch schuld­an­ge­messen sein wird. Bei Hinter­zie­hungs­be­trägen in Millionenhöhe kommt eine ausset­zungs­fähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milde­rungs­gründe noch in Betracht. Bei der letztgenannten Fallgestaltung (Millionenbetrag) wird auch eine Erledigung im Straf­be­fehls­ver­fahren regelmäßig nicht geeignet erscheinen, da hier nur eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, verhängt werden kann.

Berechnung der Höhe der Beitrags­hin­ter­ziehung

Die Berechnung der Höhe der Beitrags­hin­ter­ziehung nach § 266 a StGB bei Schwarzarbeit richtet sich nach der neuen gesetzlichen Vorgabe in § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV. Danach gilt die Zahlung des Schwarzlohns nicht mehr wie bisher – für die Berechnung der Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge – als Brutto­lohnabrede, sondern als Nettolohnabrede, mit der Folge, dass das ausbezahlte Arbeitsentgelt zu einem Bruttolohn hochzurechnen ist. Das führt zu der Konsequenz, dass der Hinter­zie­hungs­betrag höher ausfällt als bei Annahme einer Brutto­lohnabrede.

§ 370 Abgabenordnung

(1)Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,

2.die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder

3.pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt

und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2)Der Versuch ist strafbar.

(3)1In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. 2Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt

2. ………

§ 14 Abs. 2 Sozial­ge­setzbuch IV

(1) ……….

(2)Ist ein Netto­a­r­beits­entgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozia­l­ver­si­cherung und zur Arbeits­för­derung. Sind bei illegalen Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nissen Steuern und Beiträge zur Sozia­l­ver­si­cherung und zur Arbeits­för­derung nicht gezahlt worden, gilt ein Netto­a­r­beits­entgelt als vereinbart.

(3) ……….

Quelle: ra-online, BGH (pm)

der Leitsatz

StGB § 266a

AO § 370 Abs. 1 und 3

1. Die Berechnung der nach § 266 a StGB vorenthaltenen Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge richtet sich in Fällen illegaler Beschäf­ti­gungs­ver­hältnisse nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV.

2. Zur Strafzumessung bei Steuer­hin­ter­ziehung.

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