14.11.2024
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Dokument-Nr. 3421

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Bundesgerichtshof Urteil24.03.1999

BGH zu Klauseln in Allgemeinen Versi­che­rungs­be­din­gungen einer privaten Arbeits­lo­sen­ver­si­cherung

Klauseln in den Allgemeinen Versi­che­rungs­be­din­gungen einer privaten Arbeits­lo­sen­ver­si­cherung müssen klar und auch für einen juristischen Laien verständlich formuliert sein. Eine Klausel, wonach unfreiwillige Arbeits­lo­sigkeit nur dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber das bestehende Arbeits­ver­hältnis aus Gründen gekündigt hat, die "nicht in der Person des Versi­che­rungs­nehmers liegen", ist unwirksam, denn sie verstößt gegen das Trans­pa­renzgebot. Das hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der Bundes­ge­richtshof hatte über die Wirksamkeit einzelner Klauseln in Allgemeinen Versi­che­rungs­be­din­gungen einer privaten Arbeitslosenversicherung zu entscheiden.

Ein Versi­che­rungs­un­ter­nehmen bietet seit 1996 bundesweit eine private Versicherung zur Vorsorge bei Arbeits­lo­sigkeit an. Der Versi­che­rungs­nehmer erhält bei Verdien­st­ausfall infolge unfreiwilliger Arbeits­lo­sigkeit zum Arbeits­lo­sengeld zusätzliche Leistungen. Eine Verbrau­cher­schut­z­or­ga­ni­sation hat die Wirksamkeit einiger Klauseln aus den Allgemeinen Versi­che­rungs­be­din­gungen zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Der Bundes­ge­richtshof hat folgende Klauseln für unwirksam erklärt:

"§ 3 Begriff der unfreiwilligen Arbeits­lo­sigkeit

1. Unfreiwillige Arbeits­lo­sigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn der Arbeitgeber das bestehende Arbeits­ver­hältnis aus Gründen, die nicht in der Person des Versi­che­rungs­nehmers liegen, wirksam gekündigt hat."

und

"Telefonische Information

Der Versi­che­rungs­nehmer ist bis auf Widerruf damit einverstanden, daß er künftig im Rahmen des Versi­che­rungs­ver­hält­nisses sowie im Hinblick auf weitere Versicherungs- und Finanz­dienst­leis­tungen der Versi­che­rungs­gruppe auch telefonisch informiert und beraten wird."

Diese Klausel befand sich in den "Erläuterungen" auf der Rückseite des Antrags­for­mulars.

Dagegen hat der Bundes­ge­richtshof entschieden, daß folgende Klauseln wirksam sind:

§ 5 Beginn und Ende des Versi­che­rungs­schutzes; Wartezeit

1. Der Versi­che­rungs­schutz tritt 24 Monate nach dem im Versi­che­rungs­antrag bezeichneten Beginn in Kraft (Wartezeit). ...

§ 6 Leistung bei unfreiwilliger Arbeits­lo­sigkeit

1. ...

2. Die Versi­che­rungs­leistung darf zusammen mit dem Arbeits­lo­sengeld 90 Prozent des aus dem Arbeits­ver­hältnis herrührenden monatlichen Nettoeinkommens nicht übersteigen. Maßgebend für die Berechnung des Nettoeinkommens ist der Durch­schnitts­ver­dienst der letzten 3 Monate vor Eintritt der unfreiwilligen Arbeits­lo­sigkeit. Setzt sich das Nettoeinkommen überwiegend aus Provi­si­ons­ein­künften zusammen, ist das durch­schnittliche Nettoeinkommen der letzten 12 Monate bei der Berechnung zugrunde zu legen. Sonderzahlungen wie Überstun­den­entgelt, Weihnachts- und Urlaubs­gra­ti­fi­ka­tionen oder Jubilä­ums­zu­wen­dungen finden keine Berück­sich­tigung. ...

§ 11 Leistungs­aus­schlüsse bei unfreiwilliger Arbeits­lo­sigkeit

1. ...

2. Ferner ist die Leistung ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber das bestehende Arbeits­ver­hältnis fristlos gekündigt hat.

§ 22 Willen­s­er­klä­rungen und Anzeigen

Willen­s­er­klä­rungen und Anzeigen gegenüber der Volksfürsorge bedürfen der Schriftform. Zu ihrer Entgegennahme sind Versi­che­rungs­ver­mittler nicht bevollmächtigt.

Die Klauseln wurden am Maßstab des § 9 des Gesetzes über die Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen geprüft. Nach dieser Vorschrift sind Klauseln in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen unwirksam, die den Vertragspartner - hier den Versi­che­rungs­nehmer - entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Die Klausel des § 3 Nr. 1 der Versi­che­rungs­be­din­gungen benachteiligt den Versi­che­rungs­nehmer deshalb unangemessen, weil sie unklar und für ihn unverständlich formuliert ist. Der durch­schnittliche Versi­che­rungs­nehmer kann dieser Regelung nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen genau er eine Leistung von dem privaten Versi­che­rungs­un­ter­nehmen erhält. Darin liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot.

Mit der Klausel über die "Telefonische Information" will der Versicherer für sich und andere Unternehmen seiner Gruppe die Möglichkeit telefonischer Werbung beim Versi­che­rungs­nehmer eröffnen. Grundsätzlich ist schon nach der bisherigen Rechtsprechung eine telefonische Werbung nicht erlaubt, es sei denn, der Angerufene hat sein Einverständnis damit erklärt. Wie schon der XI. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs mit seinem Urteil vom 16. März 1999 (XI ZR 76/98) ausgesprochen hat, stellt Telefonwerbung eine besonders schwerwiegende Beein­träch­tigung der verfas­sungs­rechtlich geschützten Privatsphäre dar. Deshalb kann das notwendige Einverständnis nicht im Wege Allgemeiner Geschäfts­be­din­gungen hergestellt werden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 24/1999 des BGH vom 24.03.1999

der Leitsatz

AGBG §§ 8, 9

Zur Wirksamkeit von Klauseln in Allgemeinen Versi­che­rungs­be­din­gungen für die private Vorsorge bei Arbeits­lo­sigkeit mit geregeltem Anspruch auf Beitrags­rü­ck­er­stattung (PVA 96).

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