23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen Geld, auf dem das Wort „Insolvenz“ arrangiert wurde.

Dokument-Nr. 5273

Drucken
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil10.12.2007

Bundes­ge­richtshof zur darlehensweisen Weiterleitung einer Stammeinlage der Komplementär-GmbH an die KGEinlagenzahlung an eine Komplementär-GmbH zum Zweck der "Darle­hens­ge­währung" an die von den Inferenten beherrschte GmbH & Co. KG ist unwirksam

Die beiden Gesell­schaf­te­rinnen einer Komple­men­tärGmbH, die über kein eigenes Bankkonto verfügte, leisteten die ihr geschuldeten Stammeinlagen zunächst bar an den Geschäftsführer der GmbH. Wenige Tage später wurden die Einlagemittel als "Darlehen" auf das Bankkonto der KG transferiert, an welcher die beiden Inferentinnen als Komman­di­tis­tinnen mehrheitlich beteiligt waren. Die in der Bilanz der Komplementär-GmbH ausgewiesene Darle­hens­for­derung ist nie getilgt worden. Nach Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens über das Vermögen beider Gesellschaften verlangt der Kläger als Insol­venz­ver­walter der Komple­men­tärGmbH von deren beklagten Gesell­schaf­te­rinnen die erneute Einzahlung der Stammeinlage. Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

Der Bundes­ge­richtshof hat auf die Revision des Klägers die vorin­sta­nz­lichen Urteile aufgehoben bzw. abgeändert und die beiden Beklagten antragsgemäß zur (erneuten) Zahlung ihrer Stammeinlagen (nebst Zinsen) verurteilt. Er hat dabei auf seine gefestigte Rechtsprechung zurückgegriffen, nach welcher der Einla­ge­schuldner einer GmbH unter dem Gesichtspunkt der Kapita­l­auf­bringung nichts leistet, wenn der eingezahlte Betrag absprachegemäß umgehend als Darlehen an diesen oder an eine von ihm beherrschte Gesellschaft zurückfließt. Das gilt auch im vorliegenden Fall, in dem die der Komplementär-GmbH gebührenden Einlagemittel "darlehensweise" an die von den Inferenten beherrschte KG weitergeleitet werden. Denn nach der gesetz­ge­be­rischen Konzeption sind die beide Gesellschaften für die Zwecke der Kapita­l­auf­bringung und erhaltung nicht – wie das Oberlan­des­gericht im Anschluss an eine im Schrifttum vertretene Ansicht angenommen hat - als "wirtschaftliche Einheit", sondern grundsätzlich als jeweils selbständige Unternehmen anzusehen, weshalb deren Gesellschafter die ihnen gegenüber bestehenden Einla­ge­ver­pflich­tungen jeweils gesondert zu erfüllen und die Vermögensmassen beider getrennt zu halten haben. Nur so ist auch sichergestellt, dass den Gläubigern der GmbH – z.B. dem Fiskus oder den Sozialkassen – überhaupt irgendwann einmal die gezahlte Einlage real als Haftungsobjekt dieser Gesellschaft zur Verfügung gestanden hat und die Gesellschafter/Kommanditisten nicht ihre Einlageschuld lediglich durch eine gegen sie gerichtete Darle­hens­for­derung ersetzen.

Soweit nach der Rechtsprechung des Senats den Kommanditisten einer GmbH & Co. der Zugriff auf deren Vermögen in entsprechender Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG verwehrt ist, betrifft das lediglich den Aspekt der Kapita­l­e­r­haltung, der einen – hier nicht vorliegenden - ordnungsgemäß abgeschlossenen Kapita­l­auf­brin­gungs­vorgang voraussetzt. Dieser unterliegt, wie aus den unter­schied­lichen Vorschriften der §§ 19 und 30 GmbHG hervorgeht, seinen eigenen, für ihn maßgeblichen Regeln, die im vorliegenden Fall aus den genannten Gründen nicht beachtet worden sind. Deshalb besteht die Barein­la­ge­schuld der Beklagten fort.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 187/07 des BGH vom 10.12.2007

der Leitsatz

GmbHG § 19; HGB § 161

a) Die allgemeinen Kapita­l­auf­brin­gungs­regeln des GmbH-Rechts (§ 19 GmbHG) gel-ten auch bei der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG, ohne dass unter dem Gesichtspunkt einer "wirtschaft­lichen Einheit" der beiden Gesellschaften ein "Sonderrecht" für die Kapita­l­auf­bringung bei der Komplementär-GmbH anzuerkennen wäre. Danach ist die Einla­ge­for­derung der (Komplementär-)GmbH nicht erfüllt, wenn die an sie gezahlten Einlagemittel umgehend als "Darlehen" an die von dem oder den Inferenten beherrschte KG weiterfließen (vgl. BGHZ 153, 107).

b) Aus den Kapita­l­e­r­hal­tungs­regeln (§§ 30, 31 GmbHG) ergibt sich schon deswegen nichts anderes, weil diese Regeln erst nach dem ordnungsgemäß abgeschlossenen Kapita­l­auf­brin­gungs­vorgang anwendbar sind (vgl. Sen.Urt. v. 17. September 2001 - II ZR 275/99, ZIP 2001, 1997 f.).

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil5273

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI