21.11.2024
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Bundesfinanzhof Beschluss09.05.2007

BFH ruft EuGH an: Ist das Abzugsverbot für Auslandsspenden gemein­schafts­rechts­widrig?Problem: Gemein­nüt­zigkeit einer ausländischen Einrichtung kann in Deutschland kaum überprüft werden

Nach deutschem Steuerrecht können nur Spenden an im Inland ansässige Empfänger als Sonderausgaben (§ 10 b EStG) berücksichtigt werden. Der Bundesfinanzhof hat auf

Der im Inland ansässige Kläger hatte eine Sachspende (Handtücher, Bettwäsche, etc.) an ein Seniorenheim in Portugal geleistet und als Sonderausgabe geltend gemacht. Das Seniorenheim war nach portugiesischem Recht als gemeinnützig anerkannt. Das Finanzamt hat die Spende nicht berücksichtigt. Der Kläger macht geltend, das im deutschen Recht geltende Abzugsverbot für Auslandsspenden verstoße gegen die im EG-Vertrag geregelte Kapita­l­ver­kehrs­freiheit (Art. 56 EG-Vertrag).

Der Bundesfinanzhof hat die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vorgelegt: Selbst wenn Sachspenden die Kapita­l­ver­kehrs­freiheit (Art. 56 EG-Vertrag) berührten, sei mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-386/04, Centro di Musicologia Walter Stauffer noch nicht mitentschieden, ob die Versagung der Steuer­ver­güns­tigung für Auslandsspenden gemein­schafts­widrig sei. Denn der Europäische Gerichtshof habe anerkannt,

- dass die Frage, ob eine ausländische Körperschaft als gemeinnützig anzuerkennen sei, ausschließlich nach nationalem, hier also nach deutschem Recht zu beurteilen sei und

- dass die Wirksamkeit der Steueraufsicht ein zwingender Grund des Allge­mein­in­teresses sei, der eine Beschränkung der vom EG-Vertrag gewährleisteten Grundfreiheiten rechtfertigen könne.

Es sei bereits fraglich, ob es den deutschen Finanzbehörden - selbst unter Inanspruchnahme von Amtshilfe - überhaupt möglich sei, bei im Ausland ansässigen Einrichtungen die umfänglichen Voraussetzungen für eine Anerkennung als gemeinnützig nach deutschem Recht zu ermitteln und insbesondere zu verifizieren. Während im Fall Stauffer die im Ausland ansässige Stiftung im Inland Einkünfte erzielt habe und deswegen zur Mitwirkung bei der Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet gewesen sei, bestünden zwischen den deutschen Finanzbehörden und einer ausländischen Spenden­emp­fängerin keinerlei Beziehungen.

Auf jeden Fall hält der Bundesfinanzhof es für unver­hält­nismäßig, allein wegen des Abzugs einer ggf. niedrigen Spende als Sonderausgabe einem Mitgliedstaat die umfangreiche Aufklärung der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse eines ausländischen Rechtsträgers aufzubürden, zu dem keinerlei Beziehungen bestünden. Der Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit sei auch im Gemein­schaftsrecht anerkannt und bei der Inanspruchnahme von Amtshilfe zu berücksichtigen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 61/07 des BFH vom 18.07.2007

der Leitsatz

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt:

1. Werden vom Anwen­dungs­bereich der Kapita­l­ver­kehrs­freiheit (Art. 56 EG) Sachspenden des Angehörigen eines Mitgliedstaats in Form von Gegenständen des täglichen Gebrauchs an Einrichtungen, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben und die nach dem Recht ihres Mitgliedstaats als gemeinnützig anerkannt sind, umfasst?

2. Falls die Frage zu 1. bejaht wird:

Widerspricht es --unter Berück­sich­tigung der Verpflichtung der Finanzbehörde zur Verifikation von Erklärungen des Steuer­pflichtigen und des Grundsatzes der Verhält­nis­mä­ßigkeit (Art. 5 Satz 3 EG)-- der Kapita­l­ver­kehrs­freiheit (Art. 56 EG), wenn nach dem Recht eines Mitgliedstaats Spenden an gemeinnützige Einrichtungen nur dann steuer­be­günstigt sind, wenn Letztere in diesem Mitgliedstaat ansässig sind?

3. Falls die Frage zu 2. bejaht wird:

Begründet die RL 77/799/EWG eine Pflicht der Finanzbehörde eines Mitgliedstaats, zur Aufklärung eines Sachverhalts, der in einem anderen Mitgliedstaat verwirklicht wurde, die Hilfe der Verwal­tungs­be­hörden des anderen Mitgliedstaats in Anspruch zu nehmen, oder kann der Steuer­pflichtige darauf verwiesen werden, dass er nach dem Verfahrensrecht seines Mitgliedstaats bei Auslands­sach­ver­halten die Feststel­lungslast (objektive Beweislast) trägt?

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