Dokument-Nr. 10295
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Bundesfinanzhof Beschluss14.07.2010
BFH legt EuGH Frage zur Umsatzbesteuerung bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen vorKann bei Veräußerung von Warenbestand und Geschäftsausstattung und bloßer Vermietung des Ladenlokals von "Übertragung" des Gesamtvermögens ausgegangen werden?
Der Bundesfinanzhof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen zu den Voraussetzungen der nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Geschäftsveräußerung im Ganzen vorgelegt. Die Fragen betreffen Fälle, in denen Warenbestand und Geschäftsausstattung veräußert, die Geschäftsräume aber nur an den Erwerber vermietet werden.
Nach § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.
Ausnahmevorschrift
Diese Ausnahmevorschrift hat ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt Art. 19 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112/EG). Danach können die Mitgliedstaaten die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen.
Klägerin geht von nicht steuerbarer Geschäftsveräußerung im Ganzen aus – Finanzamt setzt dennoch Umsatzsteuer fest
Im Streitfall hatte die Klägerin ein Einzelhandelsgeschäft mit Sportartikeln in einem in ihrem Eigentum stehenden Ladenlokal betrieben. Später veräußerte sie den Warenbestand und die Geschäftsausstattung an eine GmbH, der sie das Ladenlokal auf unbestimmte Zeit vermietete. Der Mietvertrag über das Ladenlokal konnte von jeder Partei spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des folgenden Kalendervierteljahres gekündigt werden. Die Klägerin wies in ihrer Rechnung an die GmbH über die Veräußerung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung keine Umsatzsteuer aus und unterwarf den Vorgang nicht der Umsatzsteuer, weil sie von einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen ausging. Dagegen setzte das Finanzamt Umsatzsteuer gegen die Klägerin fest.
BFH äußert Zweifel an "Übertragung" eines Gesamtvermögens bei lediglich vorgenommener Vermietung eines Ladenlokals
Da die Klägerin das Ladenlokal der GmbH nicht ebenfalls veräußert, sondern lediglich vermietet hatte, bestehen nach Auffassung des Bundesfinanzhof Zweifel, ob in einem derartigen Fall von einer "Übertragung" eines Gesamtvermögens i. S. von Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG ausgegangen werden kann. Diese Frage hat der Bundesfinanzhof dem zur Auslegung des Unionsrechts zuständigen EuGH vorgelegt.
BFH legt EuGH Frage hinsichtlich Unterscheidung zwischen begrenztem Mietvertrag und Vermietung auf unbestimmte Zeit vor
Für den Fall, dass im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG die Vermietung des Ladenlokals zu berücksichtigen ist, hat der Bundesfinanzhof dem EuGH die weitere Frage vorgelegt, ob es dabei darauf ankommt, ob das Ladenlokal durch einen auf lange Dauer abgeschlossenen Mietvertrag zur Nutzung überlassen wurde oder ob der Mietvertrag - wie im Streitfall - auf unbestimmte Zeit läuft und von beiden Parteien kurzfristig kündbar ist.
Nicht steuerbare Geschäftsveräußerung kann auch bei fehlender Mitübereignung einzelner wesentlicher Betriebsgrundlagen vorliegen
Diese Frage ist ebenfalls unionsrechtlich nicht geklärt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung auch dann vorliegen, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mitübereignet worden sind. Voraussetzung ist aber, dass sie dem Unternehmer langfristig zur Nutzung überlassen werden und eine dauerhafte Fortführung des Unternehmens durch den Übernehmer gewährleistet ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.09.2010
Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online
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