18.10.2024
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Bundesfinanzhof Urteil14.07.2020

Pflegegelder für die intensive sozia­l­päd­ago­gische Einzelbetreuung verhaltens­auffälliger Kinder und Jugendlicher können steuerfrei seinÜber den Regelsätzen liegendes Pflegegeld steht Steuerfreiheit nicht entgegen

Pflegegeld, das aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozia­l­päd­ago­gische Einzelbetreuung verhaltens­auffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht wird, kann beim Betreuer gem. § 3 Nr. 11 EStG zu steuerfreien Bezügen führen, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) unter Hinweis auf die Vergleich­barkeit mit den Fällen einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger, ein ausgebildeter Erzieher, hatte in den Streitjahren 2012 und 2013 verhal­tens­auf­fällige Kinder und Jugendliche in seinen Haushalt aufgenommen und dort intensiv sozia­l­päd­agogisch betreut. Er nahm immer nur ein Kind bzw. einen Jugendlichen bei sich auf. Für diese "Vollzeit­be­treuung" erhielt er auf der Grundlage jederzeit kündbarer vertraglicher Vereinbarungen aus öffentlichen Mitteln monatlich zwischen 3.000 € und 3.600 €. Finanzamt und Finanzgericht meinten, der Kläger habe erwerbsmäßig Pflege­leis­tungen erbracht. Das Pflegegeld sei nicht wie bei einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.

Pflegegeld im Rahmen einer Vollzeitpflege grundsätzlich steuerfreie Beihilfe

Dies sah der BFH anders. Pflegegeld aus öffentlichen Mitteln, das im Rahmen einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII gezahlt wird, beurteilt der BFH grundsätzlich als steuerfreie Beihilfe i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG, da mit der Zahlung des Pflegegeldes weder der sachliche und zeitliche Aufwand der Pflegeeltern vollständig ersetzt noch die Pflegeleistung vergütet wird.

Über den Regelsatz liegendes Pflegegeld für Vollzeitpflege steht Steuerfreiheit nicht entgegen

Das vom Kläger vereinnahmte Pflegegeld sei damit vergleichbar. Maßgeblich für die steuerliche Einordnung seien Inhalt und Durchführung des Pflege­ver­hält­nisses. Dieses sei vorliegend - wie bei einer Vollzeitpflege i.S.d. § 33 SGB VIII - dadurch geprägt, dass der Kläger die verhal­tens­auf­fälligen Jugendlichen und Kinder in seinen Haushalt aufgenommen und mit diesen in einer häuslichen Gemeinschaft gelebt habe. Dass der Kläger die Kinder und Jugendlichen entsprechend deren besonderen Bedürfnissen intensiv sozia­l­päd­agogisch betreut und hierfür ein über den Regelsätzen für die Vollzeitpflege von Kindern und Jugendlichen liegendes Pflegegeld bezogen habe, stehe der Steuerfreiheit der Bezüge nicht entgegen.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/ab)

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